Das Werkunternehmerpfandrecht war in der Vergangenheit bereits häufiger Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen. In einem Hinweisbeschluss (Az. 21 U 3/22) hat sich das Kammergericht (KG) Berlin mit der Frage befasst, in welchem Umfang der Werkstatt ein Unternehmerpfandrecht zusteht, wenn sie die Werkleistung mangelhaft erbracht hat.
Ein Kunde beauftragte eine Werkstatt mit der Durchführung von mehreren Reparaturarbeiten an seinem Pkw, welche nach zwei Monaten abgeschlossen waren. Der Kunde monierte die Rechnung, weil darin unter anderem Rechnungspositionen für Werkleistungen enthalten waren, welche dieser nicht beauftragt hatte. Er bot dem Werkstattinhaber die Zahlung eines reduzierten Rechnungsbetrages an und forderte im Gegenzug die Übergabe seines Pkw. Die Werkstatt lehnte dies ab und bestand auf Zahlung des vollständigen Rechnungsbetrages. Um seinen Pkw zurückzuerhalten, zahlte der Kunde den Gesamtrechnungsbetrag unter Vorbehalt der Rückforderung. Der Kunde erstritt beim AG Lichtenberg ein rechtskräftiges Urteil gegen die Werkstatt, wonach diese nicht berechtigt war, die Rückgabe des Pkw gegen Zahlung des vom Kunden angebotenen, reduzierten Rechnungsbetrages zu verweigern. Daraufhin forderte der Kunde von der Werkstatt Nutzungsersatz für die Zeit, in welcher er sein Fahrzeug nicht nutzen konnte. Diesen klagte er erfolglos vor dem Landgericht Berlin ein.
Das KG Berlin wies darauf hin, dass dem Kunden kein Anspruch auf Nutzungsersatz zusteht. Daraufhin nahm der Kunde die Berufung zurück. Das KG Berlin gelangte zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches wegen Verzugs nicht vorliegen, weil sich die Werkstatt nicht im Verzug mit der Rückgabe des PKW befunden hatte. Die Werkstatt kann sich gegenüber dem Herausgabeverlangen des Kunden zwar nicht auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 Abs. 1 BGB) berufen, jedoch im Wege des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 Abs. 1 BGB) auf sein Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB).
Das KG wies darauf hin, dass der Kunde den Rückgabeanspruch nicht durchsetzen konnte, weil die Werkstatt ein Pfandrecht an dem PKW erworben hatte, das er im Wege des Zurückbehaltungsrechts geltend machen konnte. Dieses Zurückbehaltungsrecht hätte der Kunde nur durch eine Zahlung in Höhe des vom Pfandrecht umfassten Vergütungsanteils oder durch das Angebot einer Sicherheitsleistung ablösen können. Weil der Kunde aber lediglich einen geringeren Betrag zur Zahlung angeboten hatte, bestand das Zurückbehaltungsrecht fort und verhinderte, dass die Werkstatt mit der Rückgabe des Pkw in Verzug geriet.
Fazit:
1. Fordert der Kunde sein Auto von der Werkstatt nach durchgeführter Reparatur zurück, kann sich die Werkstatt für ihre noch offene Vergütung auf ihr Werkunternehmerpfandrecht berufen.
2. Stellt sich die erbrachte Werkleistung als mangelhaft heraus, umfasst das Werkunternehmerpfandrecht nicht den Betrag des Vergütungsanteils, welcher auf die mangelhafte Leistung entfällt. Das heißt, die Höhe des durch Werkunternehmerpfandrecht zu sichernden Werklohns beläuft sich bei mangelhafter Leistung auf die Vergütung, die auf die mangelfrei erbrachten Teilleistungen entfällt.
3. Es obliegt dem Kunden, die Höhe dieses Anteils korrekt zu bemessen und es obliegt der Werkstatt, den so bemessenen Anteil als angemessen zu akzeptieren oder nicht; im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird das Gericht diese Frage zu entscheiden haben (auch die Frage, was bei einer geringfügigen Abweichung von der eigentlich korrekten Höhe des Anteils geschieht).
4. Die Höhe der Kosten der Mangelbeseitigung spielen für die Ermittlung des Werklohns, den das Unternehmerpfandrecht umfasst, keine Rolle.
(934-16/Julia Cabanis)