Das Kraftfahrzeuggewerbe setzt sich auf nationaler und europäischer Ebene für den Bürokratieabbau ein und begrüßt das Omnibus-Paket der EU-Kommission ausdrücklich. Erstmals seit vielen Jahren nimmt die Kommission das Thema gezielt in Angriff – ein überfälliger Schritt für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe. Mit dem sog. Omnibus-Paket beabsichtigt sie eine deutliche Vereinfachung der Berichtspflichten (Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD), Sorgfaltspflichten aus der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), CBAM und EU-Taxonomie-Verordnung), mit denen Unternehmen die Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit und soziale Verantwortung ihrer Geschäfte belegen müssen. Besonders wichtig bei der Ausgestaltung ist dabei, dass Nachweispflichten, insbesondere bei Nachhaltigkeitszielen in Lieferketten, künftig nicht mehr auf KMU abgewälzt werden. Hier muss dringend nachgebessert werden – etwa durch ein „Trusted Partner System”, das kleinen und mittleren Unternehmen unnötige Bürokratie erspart.
Die wichtigsten Gesetzgebungsvorhaben, aus denen das Omnibus-I-Paket besteht, sind eine Richtlinie über Fristverlängerungen und eine Richtlinie über Änderungen zu Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie und Lieferkettensorgfaltspflichtenrichtlinie. Ein dritter Omnibus wird im zweiten Quartal 2025 folgen, in welchem voraussichtlich eine neue Unternehmenskategorie „small mid-caps“ (250-500 Beschäftigte) eingeführt wird. Was liegt aktuell an Vorschlägen auf dem Tisch?
1. Fristverlängerungen:
Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD):
• Die gestaffelte Einführung für betriebliche Umsetzung gilt erst ab 1. Januar 2028 für große Unternehmen, die derzeit nicht der NFRD (non-financial reporting directive) unterliegen, und ab 1. Januar 2029 für börsennotierte KMU sowie für kleine Kreditinstitute und für firmeneigene Versicherungsunternehmen.
Lieferkettenrichtlinie (CSDDD):
• Die mitgliedstaatliche Umsetzungsfrist soll um ein Jahr auf den 26. Juli 2027 verlängert werden.
• Die gestaffelte Einführung für Unternehmen wird angepasst und beginnt bei Unternehmen mit 3.000 Mitarbeitern und 900 Mio. Euro Jahresumsatz für das Geschäftsjahr ab dem 1. Januar 2029 und bei Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern und 450 Mio. Euro Jahresumsatz für Geschäftsjahr ab dem 1. Januar 2030.
2. Änderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie:
• Anwendungsbereich: Anhebung der Mitarbeiterschwellen berichtspflichtiger Unternehmen auf die der CSDDD (statt ab 250 nun ab 1000 Beschäftigte).
• Gleichzeitig müsste eines der unveränderten finanziellen Größenkriterien (Bilanzsumme > 25.000.000 Euro, Nettoumsatzsumme > 50.000.000 Euro) überschritten werden, um in den Anwendungsbereich der CSRD zu fallen. Für nicht-europäische Unternehmen wurde das Kriterium des Nettoumsatzes auf 450.000.000 Euro erhöht.
• Verschiebung der CSRD-Berichtspflichten für neu berichtspflichtige Unternehmen um zwei Jahre (bis 2028), um Zeit für weitergehende inhaltliche Überarbeitungen zu gewinnen.
• Nachhaltigkeitsinformation aus der Wertschöpfungskette: Unternehmen müssen keine Nachhaltigkeitsdaten von allen Firmen in ihrer Wertschöpfungskette einholen, sondern nur von denjenigen, die ebenfalls CSRD-berichtspflichtig sind.
• Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards: Die aktuellen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS, delegierter Rechtsakt) sollen aktualisiert und vereinfacht werden, um die Anzahl der erforderlichen Datenpunkte zu reduzieren, unklare Begriffe zu präzisieren und die Konsistenz hinsichtlich verwandter EU-Initiativen zu verbessern. Diese Anpassungen sollen spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten der Richtlinie erfolgen.
• Ein freiwilliger Standard für kleine und mittlere Unternehmen (VSME) soll kommen. Dadurch wird es den CSRD-berichtspflichtigen Unternehmen untersagt, von Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette, die nicht der CSRD-Berichtspflicht unterliegen, Informationen zu verlangen, die über die im freiwilligen VSME-Standard festgelegten Daten hinausgehen.
• Verpflichtende sektorspezifische Standards sind nicht mehr vorgesehen.
Bewertung: Die vorgeschlagenen Änderungen schaffen Rechtsicherheit und reduzieren den Verwaltungs- und Berichtsaufwand erheblich. Die Eingrenzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf berichtspflichtige Unternehmen würde insbesondere für den Mittelstand eine notwendige Entlastung darstellen. Der Verzicht auf sektorspezifische Berichtsstandards sowie auf den Übergang zur hinreichenden Prüfsicherheit würde signifikante Kosten einsparen. Allerdings reicht dies nicht aus: Die Kommission muss den bestehenden delegierten Rechtsakt zu den Berichtsstandards zurückziehen und einen neuen Rechtsakt mit angemessenen Standards verabschieden. Für den Grad der faktischen Entlastung wird es maßgeblich auf die Ausgestaltung der Berichtsstandards ankommen.
3.Änderungen zur Lieferkettenrichtlinie:
• Harmonisierung (Art. 4 CSDDD): Der bisherige Harmonisierungsartikel wird erweitert und gilt nun für die Sorgfaltspflichtenerfüllung auf Gruppenebene (Art. 6), Identifizierung (Art. 8), Vorbeugung (Art. 10 Abs. 1-5) und Beendigung (Art. 11 Abs. 1-6) der potenziellen Risiken sowie auf das System zur Meldung und den Beschwerden (Art. 14). Die Mitgliedstaaten dürfen in diesen Bereichen nicht von den europäischen Vorschriften abweichen.
• Beschränkung auf direkte Vertragspartner und Schutz von kleineren Unternehmen: Die betroffenen Unternehmen sollen nur noch ihre eigenen Aktivitäten, die ihrer Tochtergesellschaften sowie ihrer direkten Vertragspartner überwachen. Dies gilt nicht, wenn „plausible Informationen“ zu negativen Auswirkungen im Bereich der indirekten Vertragspartner vorliegen. Zusätzlich soll von Unternehmen, die Teil von Wertschöpfungsketten sind und weniger als 500 Mitarbeiter haben, nur noch eingeschränkt Informationen eingeholt werden können.
• Keine sofortige Verpflichtung zur Vertragsbeendigung mehr: Es besteht keine Pflicht mehr, die Vertragsbeziehungen aufzulösen, wenn tatsächliche und nicht vorzubeugende bzw. zu beendende Risiken vorliegen. Es soll dann jedoch keine Erneuerungen oder Erweiterungen der betroffenen Vertragsbeziehungen geben.
• Die Gruppe von Stakeholdern, die bei der Sorgfaltspflichtenerfüllung einbezogen werden soll, wird verkleinert. Es wird eine direkte Betroffenheit und legitime Vertretung vorausgesetzt. Dies führt dazu, dass künftig weniger Nichtregierungsorganisationen einbezogen werden müssen. Die Stakeholderbeteiligung bei der Beendigung von Vertragsbeziehungen wird gestrichen.
• Überwachung des eigenen Sorgfaltspflichtenplans: Die Aktualisierung der unternehmenseigenen Überwachungskriterien soll nun nur noch alle fünf Jahre statt jedes Jahr stattfinden.
• Klimaplan: Betroffene Unternehmen sind weiterhin verpflichtet, einen wirksamen Plan gegen den Klimawandel aufzustellen. Allerdings soll dieser Plan nun von vornherein auch Umsetzungsmaßnahmen beinhalten. Die bisherige weitergehende Vorgabe, den Plan auch effektiv umzusetzen, entfällt dafür.
• Sanktionen: Streichung der bisherige Mindestschwelle für die Maximalsanktion in Höhe von 5 Prozent des Jahresumsatzes.
• Zivilrechtliche Haftung: Die Mitgliedstaaten werden nicht mehr aufgefordert, einen Haftungstatbestand für die Verletzung von Sorgfaltspflichten und daraus entstandenen Schäden zu schaffen. Der Artikel 29 ist jedoch nicht in Gänze aufgehoben und hinterlässt damit für die Mitgliedstaaten noch Anreize für ein Haftungsregime.
Die Kommission bittet das Europäische Parlament und den Rat, den Richtlinienvorschlag über Fristverlängerungen in einem Schnellverfahren zu erlassen. Der Richtlinienvorschlag zu den materiellen Änderungen zu Nachhaltigkeitsberichterstattung und Lieferkettensorgfaltspflichten wird in einem regulären Gesetzgebungsverfahren angenommen, das vorrangig behandelt werden soll. Die Änderungen zum delegierten Rechtsakt zu den Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) will die Kommission schnellstmöglich, jedoch spätestens sechs Monate nach Annahme der Richtlinie über Fristverlängerungen vorlegen und erlassen – hierfür ist eine Zustimmung des Rates und des EP nicht erforderlich.
Gesamtbewertung:
Die Kommission hat ihre Ankündigungen zum Bürokratierückbau und Vereinfachung des EU-Rechtsrahmens in einem Teilbereich eingelöst. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit ins Zentrum gerückt. Die UBW haben in den vergangenen Monaten gemeinsam mit den Dach- und Schwesterverbänden viele Vorschläge für weitgehende Erleichterungen bei den bürokratischen Belastungen, gerade für den Mittelstand, gemacht. Der
Omnibus-Vorschlag ist ein erster Schritt, unnötige Hürden aus dem Weg zu räumen. Das entlastet vor allem den Mittelstand und nicht zuletzt auch die Behörden.
Alle vier Rechtsakte werden nun das Legislativverfahren in den Europäischen Institutionen (EU-Parlament und Rat) durchlaufen. Während die Verschiebung der Berichtspflichten als eher unstrittig eingeschätzt wird und in ca. drei Monaten durch Rat und Parlament gehen könnte, werden zu den weiteren Vorschlägen weitaus längere Verhandlungen erwartet. Wir rufen den Rat der EU und das Europäische Parlament auf, das Paket ohne Umschweife und mit höchster Priorität zu beschließen.
Konkret für das Kfz-Gewerbe fordert der ZDK die Abschaffung der Pkw-Kennzeichnungspflicht. Eine verpflichtende Kennzeichnung in Autohäusern ist nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen sollte die Novellierung der entsprechenden Verordnung eine freiwillige Kennzeichnung im Autohaus ermöglichen, während die Hersteller verpflichtet werden, die relevanten Angaben bereitzustellen. So kann sich unser Verkaufspersonal auf das Wesentliche konzentrieren: die beste Mobilitätslösung für jeden Kunden zu finden.