Verwendet der Händler im Rahmen eines Fernabsatzgeschäfts eine in Teilen von der Musterwiderrufsbelehrung abweichende Widerrufsbelehrung, wird der Verbraucher dennoch ordnungsgemäß über das Verfahren für die Ausübung seines Widerrufsrechts belehrt, wenn der Händler ihm beispielhaft Kommunikationsmittel zur Verfügung stellt, über die der Verbraucher schnell mit ihm in Kontakt treten und effizient mit ihm kommunizieren kann. Die zusätzliche Angabe der Telefonnummer des Händlers in der Widerrufsbelehrung ist dann nicht erforderlich.
In den letzten Monaten sind beim Bundesgerichtshof (BGH) mehr als 50 Nichtzulassungsbeschwerden eingegangen, die alle die Frage betreffen, ob ein Unternehmer einen Verbraucher im Rahmen eines Online-Neuwagenkaufs ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt, wenn er dabei eine Widerrufsbelehrung verwendet, in der zwar seine Postanschrift und seiner E-Mail-Adresse angegeben sind, nicht aber seine – auf seiner Internet-Seite zugängliche – Telefonnummer.
Von der Antwort des BGH auf diese Frage hing es ab, ob eine Widerrufsfrist von vierzehn Tagen ab Erhalt der Ware gilt oder ob das Widerrufsrecht erst nach zwölf Monaten und 14 Tagen nach dem Beginn der gesetzlichen Widerrufsfrist erloschen ist.
Der BGH (Az.: VIII ZR 143/24) hat mit Beschluss in einem ausgewählten Verfahren, in dem der Fahrzeugkäufer unterlegen war, über dessen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision des Berufungsgerichts entschieden und sich darin zu der aufgeworfenen Rechtsfrage geäußert.

Sachverhalt und Prozessverlauf
Anfang 2022 erwarb ein Verbraucher von einem Neuwagenhändler ein Neufahrzeug im Wege des Fernabsatzes. Der Händler, der auf seiner Internet-Seite unter „Kontakt” und im Impressum seine Telefonnummer angegeben hat, verwendete nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine in Teilen davon abweichende Widerrufsbelehrung. Darin werden seine Postanschrift und E-Mail-Adresse mitgeteilt, nicht aber seine Telefonnummer. In der Widerrufsbelehrung heißt es, dass der Widerruf mittels einer eindeutigen Erklärung „z.B.” durch einen per Post versandten Brief oder eine E-Mail erklärt werden könne. Der Neuwagen wurde dem Verbraucher im August 2022 übergeben. Zehn Monate später erklärte er per E-Mail den Widerruf des Kaufvertrages.
Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage des Verbrauchers hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hatte die Revision zum BGH nicht zugelassen. Mit der von ihm eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde erstrebte der Verbraucher die Zulassung der Revision, um sein Klagebegehren weiterverfolgen zu können. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Verbrauchers nun zurückgewiesen.
Begründung der Entscheidung
Verwendet der Händler nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine selbst formulierte Widerrufsbelehrung, in der er dem Verbraucher (als beispielhafte Kommunikationsmittel für den Widerruf) seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse mitteilt, hat er den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB ordnungsgemäß über das Verfahren für die Ausübung seines Widerrufsrechts informiert. Eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Norm, die Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) umsetzt, ergibt, dass die zusätzliche Angabe der Telefonnummer des Unternehmers nicht erforderlich ist, zumal diese ohne Weiteres auf seiner Internet-Seite zugänglich war. Diese Beurteilung der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung ist nach Ansicht des BGH derart offenkundig, dass kein Raum für Zweifel bleibt. Einer Vorlage dieser Rechtsfrage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) bedurfte es daher nicht.
Praxistipp
In der Praxis kommt es immer wieder zu Streitigkeiten über die ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers über das ihm im Rahmen eines Fernabsatzgeschäftes zustehenden Widerrufsrechts, wenn der Händler nicht die Muster-Widerrufsbelehrung verwendet oder in Teilen von ihr abweicht. Diese Streitigkeiten lassen sich verhindern, indem auf die Muster-Widerrufsbelehrung zurückgegriffen wird. Beispiele dafür, wie die Gestaltungshinweise im Einzelfall umzusetzen sind, können dem ZDK-Merkblatt entnommen werden, welches auf auf www.kfz-bw.de/monatsdienst heruntergeladen werden kann.