Die Deutsche Handwerks Zeitung (DHZ) macht auf folgende Warnmeldung aufmerksam:
„Ein unbedachtes „Ja“ am Telefon kann teuer werden: Mit dubiosen Anrufen wird gezielt versucht, Unternehmer in teure Verträge zu locken. So können Sie sich schützen.
Trickreiche Täuschungen gibt es einige und sie werden immer raffinierter. Eine aktuelle Telefonfalle richtet sich gezielt an Unternehmen, darunter auch Handwerksbetriebe. Getarnt als harmlose Geschäfts- oder Werbeanrufe versuchen Anrufer, die Unternehmer mit geschickter Gesprächsführung und manipulierten Aufzeichnungen in Verträge zu locken, die zu erheblichen finanziellen Belastungen führen können.
Allein an die Handwerkskammer Konstanz haben sich in letzter Zeit vermehrt Mitgliedsbetriebe gewandt, weil sie von solchen Anrufern belästigt wurden. Das Vorgehen ist dabei immer ähnlich: Die anrufenden Firmen bieten Dienstleistungen an, die meist weit über den tatsächlichen Bedarf des Unternehmens hinausgehen. Dazu gehören beispielsweise unaufgeforderte Werbeangebote, unnötige Bürodienstleistungen oder die Optimierung von Webseiten (SEO).
Im Fall der Handwerksbetriebe aus dem Raum Konstanz wurde bei den Betrieben der Eindruck erweckt, dass Mitarbeiter einer bekannten Firma anrufen und diese sich auf einen bestehenden Vertrag beziehen. Sie geben nach Aussagen der Betriebe vor, dass das Geschäftskonto ausläuft, wenn der Vertrag nicht verlängert wird. Während des Telefonats fragen die Anrufer um Erlaubnis, das Gespräch aufzeichnen zu dürfen. Wird diese Frage bejaht, wurden laut den Handwerksbetrieben rasch die Vertragsbedingungen vorgelesen, die mit einem „Ja“ akzeptiert werden sollen. Die Betroffenen wurden schlichtweg überrumpelt. Die Anrufer nutzen diese Aufzeichnung später, um Zahlungsansprüche geltend zu machen und den überraschten Handwerkern Rechnungen auszustellen. Der Mitschnitt kann auch vor Gericht als Beweis für den Vertrag dienen.
Anrufer immer professioneller und schwerer zu identifizieren
„In der letzten Zeit haben sich alleine zehn Mitgliedsbetriebe bei uns gemeldet, die erstmals oder wiederholt von den immer gleichen Firmen angerufen wurden bzw. mit der Abwehr von Forderungen zu kämpfen hatten“, erklärt Lothar Hempel der Deutschen Handwerks Zeitung. Er ist seit vielen Jahren für die juristische Beratung bei der Handwerkskammer Konstanz zuständig. Eine solche Häufung an Beschwerden habe er noch nicht erlebt. Und die Dunkelziffer dürfte sicherlich höher sein.
Einer, der sich ebenfalls seit vielen Jahren beruflich mit Telefonfallen und anderen Betrugsmaschen beschäftigt, ist Rechtsanwalt Peter Solf vom Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (DSW). Dem Verband gehören auch viele Handwerkskammern an, die die Beratung und Aufklärungsarbeit unterstützen und in Anspruch nehmen. Aus seiner Sicht hat die Zahl der Telefonfallen zwar nicht zugenommen, wohl aber deren Qualität: „Im Gegensatz zu früher lässt sich heute anhand der Telefonnummer nicht mehr identifizieren, ob der Anrufer aus dem Ausland kommt. Oftmals sind auch professionelle Callcenter eingeschaltet“, erklärt er der DHZ. Und die seien gut vorbereitet und hartnäckig.
Wenn aus einer manipulierten Gesprächsaufzeichnung ein Vertrag wird
Peter Solf gibt ein weiteres Beispiel, wie entsprechende Anrufe ablaufen können: Ein erster Anrufer gibt sich als bekanntes Unternehmen aus und erklärt, dass man ja eine laufende Geschäftsbeziehung habe. In einem unmittelbar folgenden Anruf wird dann darum gebeten, die Daten für die beschlossene Vertragsverlängerung abzugleichen. Der zweite Anrufer, der das Gespräch aufzeichnet, verlangt die Bestätigung der Daten und den mündlichen Abschluss des Angebots.
Mit gezielten Suggestivfragen („Sie heißen doch Müller, oder?“) würden die Anrufer versuchen, Zustimmung zu erlangen – oft so, dass der Gesprächspartner es gar nicht bemerkt. Die Angerufenen würden ohnehin kaum zu Wort kommen und in die Rolle des „Ja-Sagers“ gedrängt.
„Diese Aufzeichnungen, in denen der Angerufene einfach nur ‘Ja’ sagt, werden so zusammengeschnitten, dass das ‘Ja’ an einer Stelle erscheint, wo vorher die Frage lautete: ‘Sie möchten einen Vertrag, der über zehn Jahre läuft und bei dem Sie jährlich tausend Euro zahlen?’“, erklärt Peter Solf. Und schon schnappt die Falle zu.
Zustimmung am Telefon rechtlich bindend
Denn anders als Verbrauchern steht Unternehmern bei telefonisch geschlossenen Verträgen kein generelles Widerspruchsrecht zu. Im Ernstfall bleibt nur die Anfechtung des Vertrages. Besonders heikel wird es, wenn der Unternehmer selbst die Einwilligung erteilt, denn dann scheidet er im Streitfall als Zeuge aus. Bei einem Büroangestellten könnte noch argumentiert werden, dass dieser nicht bevollmächtigt ist, einen Vertrag in dieser Höhe oder zu diesem Thema abzuschließen.
„Die Anfechtung kann der einzelne Betroffene selber erklären. Wenn er sich unsicher ist, müsste er sich eventuell Muster aus dem Internet herunterladen oder aber, um ganz sicher zu gehen, selber damit zum Anwalt zu gehen“, sagt Peter Solf. Wichtig sei nur, dass diese Anfechtung unverzüglich erfolge.
Druck durch Inkassobüros – Vergleich wird angeboten
Doch auch bei Anfechtung erhalten Betroffene oft Rechnungen und Mahnungen durch die Firma selbst oder später durch ein Inkassobüro mit teilweise horrenden Aufschlägen. Das Kalkül: Der Betrieb soll sich auf einen Vergleich einlassen und einen angebotenen Teilbetrag zahlen. Wer Ruhe haben will, überweist dann und die Anrufer haben gewonnen. Nur in seltenen Ausnahmen suchen die dubiosen Firmen den Rechtsweg, um ihre Forderungen durchzusetzen. Peter Solf kann Betroffenen im Ernstfall anhand der Datenbank des DSW Auskunft darüber geben, welches Unternehmen in der Vergangenheit ein Gerichtsverfahren angestrebt hat und den Handwerksbetrieben eine Einschätzung geben, ob die Androhung eines Mahnverfahrens eher heiße Luft ist – oder ob es Sinn ergibt, sich anwaltlich zu wappnen.
Mit diesen Tipps sind Sie gewappnet für die Telefonfalle
1. Im Thema bleiben: Betriebsmitarbeiter sollten bei unerwarteten Anrufen, die außerhalb des eigenen Aufgabengebiets liegen, besonders wachsam sein.
2. Kritisch bleiben: Es empfiehlt sich, kritisch nachzufragen, einen Vorgesetzten beim Gegenüber zu verlangen oder selbst den eigenen hinzuzuziehen, sowie bei Unklarheiten den Anruf zu beenden.
3. Keine unüberlegten Bestätigungen: Es sollte unbedingt vermieden werden, persönliche Daten oder Vertragsbestätigungen am Telefon preiszugeben, insbesondere wenn der Anrufer versucht, eine schnelle Zustimmung zu erzwingen.
Wie wehre ich mich gegen dubiose Telefonverträge?
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung:
Die einzige juristische Möglichkeit besteht oft in der Anfechtung des Vertrages. Hierbei wird geltend gemacht, dass man während des Telefonats durch arglistige Täuschung in einen Vertrag gelockt wurde.
Pragmatischer Tipp: Wenn Sie einen derartigen Anruf erhalten, legen Sie einfach auf.