Bundestag und Bundesrat haben das „Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ beschlossen. Der gesetzliche Mindestlohn wird demnach ab 1. Oktober 2022 auf 12 Euro brutto pro Stunde steigen. Außerdem enthält das Gesetz auch Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (Minijob) und im Übergangsbereich (Midijob).
Wesentliche Inhalte des Gesetzes:
• Der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltende Mindestlohn wird zum 1. Oktober 2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht. Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet dann wieder die Mindestlohnkommission. Ihre nächste Anpassungsentscheidung erfolgt zum 30. Juni 2023 und betrifft die Anpassung mit Wirkung zum 1. Januar 2024.
• Die Geringfügigkeitsgrenze wird so definiert, dass sie einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen entspricht. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde auf 520 Euro monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet.
• Zudem wird die Möglichkeit eines zulässigen unvorhersehbaren Überschreitens der Entgeltgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung gesetzlich geregelt.
• Bei den sog. Midijobs wird die Obergrenze des Übergangsbereichs von 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben werden.
• Außerdem erfolgen Anpassungen bei der Beitragsbelastung des Arbeitgebers im Midijobbereich. Der Arbeitgeberbeitrag wird oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 Prozent angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen.
Bewertung:
Die außerordentliche Anhebung des Mindestlohns durch den Gesetzgeber zum 1. Oktober 2022 bedeutet einen eklatanten Bruch mit dem etablierten und verfassungsrechtlich geschützten System der tarifautonomen Lohnfindung. Das Gesetz missachtet die vom Gesetzgeber selbst mit dem Mindestlohngesetz (MiLoG) vorgesehene Anpassungssystematik, die Zusagen der Bundesregierung aus dem Jahr 2014, einen weiteren Eingriff werde es nicht geben, und die erfolgreiche Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission in den vergangenen Jahren.
Zu kritisieren ist auch die Anhebung der Midijobgrenze auf 1.600 Euro. Von den besonderen beitragsrechtlichen Regelungen im Übergangsbereich profitieren die Beschäftigten im Midijobbereich auch bisher bereits auf Kosten der übrigen Beitragszahler. Es gibt keinen Grund diese Sonderreglung auch noch auszuweiten, zumal dies eine unangemessene Begünstigung der betroffenen Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten darstellt.
Nicht nachvollziehbar und abzulehnen ist auch der erhöhte Beitragsaufwand für Arbeitgeber im Übergangsbereich. Damit sollen die Beschäftigten im unteren Übergangsbereich noch stärker entlastet werden. Die Arbeitgeber sollen hierfür über den hälftigen Gesamtsozialversicherungsbeitrag hinaus einen höheren Arbeitgeberbeitrag leisten. Damit wird der Übergang vom Minijob in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung behindert, da der Wechsel in den Übergangsbereich für Arbeitgeber unverhältnismäßig teuer ist.
(221-14/Julia Cabanis)