In einem aktuellen Urteil hat das Landgerichts (LG, Az.: 3 O 17493/20) München zur Frage der Rechtmäßigkeit der Verwendung des Dienstes Google Fonts als Anbieter für Schriftarten auf Internetseiten sinngemäß folgendes entschieden:
1. Werden durch eine (dynamische) Einbindung von Google Fonts personenbezogene Daten ohne Einwilligung des Betroffenen weitergeleitet, steht dem Seitennutzer gegen den Webseitenbetreiber ein Unterlassungsanspruch zu.
2. Ist eine solche dynamische Einbindung ohne Einwilligung erfolgt, steht dem betroffenen Seitennutzer zusätzlich ein immaterieller Schadensersatz in Höhe von 100 Euro zu.
Sachverhalt:
Der klagende Seitennutzer macht gegen die beklagte Betreiberin einer Unternehmenswebseite einen Unterlassungsanspruch wegen der Weitergabe seiner IP-Adresse an Google sowie einen darauf gestützten Schadensersatzanspruch geltend. Dabei hatte die Beklagte im Rahmen ihres Internetauftritts auf ihrer Webseite eine bestimmte Schriftart des Anbieters Google (Google Fonts) implementiert. Bis zu einer späteren Umstellung wurden bei jedem Aufruf dieser Webseite die IP-Adressen der Nutzer an einen Google-Server in den USA weitergeleitet – so auch die des Klägers zwischen Mai und November 2020. Der Kläger hatte zuvor in die automatische Übermittlung seiner IP-Adresse nicht eingewilligt. Da der Kläger in der Weitergabe der IP-Adresse (personenbezogenes Datum) über Google Fonts einen Datenschutzverstoß sah, klagte er vor dem LG München erfolgreich auf Unterlassung sowie auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 100 Euro.
Fazit:
1. Das hier besprochene Urteil des LG München ist eines von noch nicht allzu vielen Urteilen zur Frage eines Schadensersatzes infolge eines Datenschutzverstoßes. Mit Berufung auf das Urteil des LG München könnte es Betroffenen in der Praxis künftig leichter fallen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Denn das LG München setzt bei der Verwendung von Google Fonts die Schwelle zur datenschutzrechtlichen Betroffenheit und damit zum Schadensersatz nicht allzu hoch an.
2. Zwar wird sich erst künftig zeigen, ob die Rechtsprechungslinie des LG München von anderen Gerichten – insbesondere in den oberen Instanzen – so bestätigt wird. Um Rechtsstreitigkeiten dennoch aus dem Weg zu gehen, sollten Kfz-Unternehmen das Urteil des LG München unbedingt kennen und dementsprechend handeln. Zunächst sollten alle Kfz-Betriebe ihre Webseiten dahingehend überprüfen (ggf. unter Hinzuziehung des eigenen Webdienstleisters), ob sie Google Fonts überhaupt nutzen, und wenn ja, ob die Schriften dynamisch eingebunden sind. Ist das der Fall, ist Google Fonts künftig unbedingt über eine lokale Speicherung auf dem eigenen Webserver einzubinden.
3. Darüber hinaus besteht auch die Gefahr, dass „vermeintlich Betroffene“ auf Grundlage des obigen Urteils und des eigenen „individuellen Unwohlseins“ mit IT-Unterstützung gezielt das Internet nach Webseiten durchforsten, die Google Fonts – nach Ansicht des LG München unzulässigerweise – dynamisch eingebunden haben. Insoweit sind seit wenigen Tagen erste Schreiben von Personen bekannt, die mit einer Art „Abmahnung“ Schadensersatz gegenüber Unternehmen geltend machen – auch gegenüber Kfz-Betrieben. Von einer vorschnellen Zahlung wird grundsätzlich aber abgeraten, um zunächst zu klären, ob nicht bei Kenntnis von vielen gleichlautend versandten Schreiben ein Missbrauch bewiesen werden kann. Insofern bitten wir wie in der Vergangenheit um Übersendung solcher Schreiben an zlw@kfzgewerbe.de und bedanken uns im Voraus für Ihre Mithilfe. Nur gemeinsam können wir etwas gegen Massenabmahner erreichen.