Die Frage der Zulässigkeit von Kreditkartengebühren oder Provisionsabzügen in den Fällen, in denen Tankstellenkunden mit Kreditkarten bezahlen, beschäftigt uns bereits seit vielen Jahren. Nachdem zunächst einige Gerichte festgestellt hatten, dass solche Gebühren zu Lasten eines Tankstellenbetreibers unzulässig seien und diesem zurückerstattet werden müssten, hatten zuletzt verschiedene Oberlandesgerichte (OLG) entschieden, dass ein Rückzahlungsanspruch des Tarnstellenbetreibers nicht bestünde.
Aufhorchen lässt nun eine aktuelle Entscheidung des OLG München (Az.: 23 U 170/20), die dem Tankstellenbetreiber die Rückerstattung aller von ihm gezahlten Gebühren für den Einsatz unbarer Zahlungsmittel zugesteht. Hintergrund war auch hier eine Vereinbarung zwischen dem Tankstellenbetreiber und der Mineralölgesellschaft, nach der im Falle des Einsatzes unbarer Zahlungsmittel ein prozentualer Anteil des über die Kreditkarte abgerechneten Betrages als Disagio an die Mineralölgesellschaft gezahlt werden musste. Diese Gebühren hatte der Tankstellenbetreiber gegenüber der Mineralölgesellschaft zunächst vor dem Landgericht (LG) München zurückverlangt. Entsprechend der Rechtsprechung verschiedener anderer OLG´s hatte das LG München die Klage des Tankstellenbetreibers abgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten Berufung war der Tankstellenbetreiber jedoch vor dem OLG München erfolgreich.
Zwar stellte zunächst auch das OLG München fest, dass eine Vereinbarung, die den Tankstellenbetreiber zur Zahlung von Kreditkartengebühren verpflichtet, keinen Verstoß gegen § 86a HGB darstelle. Die Verwendung von Kreditkarten und deren Einsatz müsse dem Tankstellenbetreiber nicht kostenfrei ermöglicht werden. Es handele sich nicht um eine „notwendige Unterlage“ i. S. d. Gesetzes. Eine solche Vereinbarung stelle darüber hinaus auch keine Verletzung des gesetzlichen Leitgedankens dar, nach dem der Handelsvertreter keine Vorfinanzierungkosten zu tragen habe.
Die Vereinbarung einer umsatzabhängigen, prozentualen Gebühr im Fall des Einsatzes von Kreditkarten benachteilige den Tankstellenbetreiber aber dann unangemessen, wenn die ihm zustehende Vergütung für den Verkauf der Agenturwaren auf der Basis fester Beträge je nach Menge der verkauften Kraftstoffe berechnet werde, wie dies im zu entscheidenden Sachverhalt der Fall war. Gerade im Fall steigender Kraftstoffpreise, wie sie aktuell zu beobachten sind, könne die Kombination mengenbasierter Provisionsansprüche und umsatzabhängiger Gebühren dazu führen, dass dem Handelsvertreter für den Verkauf von Agenturwaren überhaupt keine Vergütung zufließe, er möglicherweise sogar in die Situation geraten könne, dass er selbst für den Verkauf von Agenturwaren an die Mineralölgesellschaft zahlen müsse.
Eine Vereinbarung, die ein solches Risiko für den Tankstellenbetreiber beinhalte, benachteilige diesen unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Die Vereinbarung sei deshalb unwirksam. Das Gericht sprach dem Tankstellenbetreiber die Rückzahlung der von ihm gezahlten Gebühren in voller Höhe zu.
Obwohl diese erfreuliche Entscheidung aus München im Gegensatz zu anderslautenden Entscheidungen der OLG´s in Hamm und Koblenz steht, sah das OLG München keine Veranlassung, die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zuzulassen. Soweit uns bekannt ist, wurde auch keine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil eingereicht, sodass die Entscheidung aus München zwischenzeitlich rechtskräftig ist.
Die Begründung des OLG, dass gerade das Zusammenspiel mengenbasierter Provisionsansprüche und umsatzabhängiger Kreditkartengebühren zu einer unangemessenen Benachteiligung des Tankstellenbetreibers führt, ist überzeugend. Das Gericht bildet in seinem Urteil auf der Basis der Vereinbarungen der Parteien des Rechtstreits ein Beispiel, ab welchen Kraftstoffpreisen die gezahlten Provisionen durch die Kreditkartengebühren aufgezehrt wird. In den vorliegenden Vereinbarungen war dies ab einem Verkaufspreis von 1,41 Euro der Fall. Damals sprach das Gericht noch davon, dass dieser Verkaufspreis noch nicht erreicht sei. Heute wissen wir, dass ein solcher Preis bereits lange überschritten ist. Danach wird deutlich, dass eine solche Gebühr jedenfalls dann nicht rechtmäßig sein kann, wenn hierdurch potenziell der Verkauf von Agenturwaren ohne entsprechende Vergütung erfolgt.
(TS 502/Julia Cabanis)