Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat bekanntlich mit Beschluss vom 8. Juli 2021 die Regelungen zur sog. Vollverzinsung bei Steuererstattungen und Steuernachzahlungen als grundsätzlich verfassungswidrig bezeichnet. Wir hatten im Monatsdienst 11-12/2021 darüber berichtet. Gleichzeitig hatte das oberste Bundesgericht aber auch festgestellt, dass die Vorschriften erst ab dem Verzinsungszeitraum 2019 nicht mehr anwendbar sind. Da Gerichte und Verwaltungsbehörden die Regelungen in §§ 233a und 238 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 nicht mehr anwenden dürfen, war der Gesetzgeber aufgefordert, eine gesetzliche Neuregelung zu schaffen. Dies geschieht nun mit dem bereits von den Gesetzgebungsorganen verabschiedeten und nach Verkündung im Bundesgesetzblatt kurzfristig in Kraft tretenden „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“. Mit dieser Gesetzesänderung wird im Kern dem BVerfG-Beschluss Rechnung getragen. Der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen wird nun rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 auf 0,15 Prozent pro Monat (1,8 Prozent pro Jahr) gesenkt. Zudem soll künftig die Angemessenheit der Zinssatzhöhe alle zwei Jahre evaluiert werden – beginnend spätestens zum 1. Januar 2024. Ferner beinhaltet das Gesetz nun eine bisher nur im Verwaltungsweg getroffene Regelung über den Erlass von Nachzahlungszinsen bei vor Fälligkeit freiwillig geleisteten Zahlungen. Sie erstreckt sich damit künftig auch auf die von Kommunen verwaltete Gewerbesteuer.
(321-00/Julia Cabanis)