Selbst wenn ein Kaufvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande kommt, liegt ein Fernabsatzvertrag nur vor, wenn der Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems erfolgt ist. In diesem Falle ist ein Widerruf aber dennoch ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn der Kaufgegenstand eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten ist. Das Oberlandesgericht (OLG, Az.: 7 U 1903/19) Celle hat nun erläutert, was genau hierunter zu verstehen ist und sinngemäß folgendes entschieden:
1. Ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem ist bei der systematischen Nutzung von Fahrzeugvermittlungsportalen durch einen Gebrauchtwagenhändler anzunehmen, wenn dessen personelle und sachliche Organisation grundsätzlich darauf eingestellt ist, auf elektronischem oder telefonischem Wege eingehende Kundenanfragen dergestalt zu bearbeiten, dass ein Vertragsschluss unter ausschließlicher Nutzung von Fernkommunikationsmitteln erzielt wird. Auf die Anzahl der tatsächlich auf diese Weise abgeschlossenen Verträge kommt es nicht an.
2. Der Widerruf eines im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Kaufvertrages ist auch dann möglich, wenn Gegenstand des Kaufvertrages ein Gebrauchtwagen ist, den der Verkäufer aufgrund einer gewisse Fahrzeugparameter umfassenden Suchanfrage des Käufers für diesen angekauft hat.
Fazit:
1. Sowohl bei der Nutzung einer „Onlineverkaufsplattform“ bzw. eines „Onlinemarktplatzes“ als auch bei der Nutzung von Fahrzeugvermittlungsportalen zur Gewinnung von Kaufinteressenten im Internet ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Fernabsatzvertriebssystem vorliegt.
2. Der Annahme eines Fernabsatzvertriebssystems steht es nicht entgegen, wenn es bei der Abwicklung des Geschäfts, also bei der Übergabe des Fahrzeugs, zu einem persönlichen Kontakt der Kaufvertragsparteien kommen soll.
3. Von einem den Widerruf ausschließenden Zuschnitt des Fahrzeugs auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers ist selbst dann nicht auszugehen, wenn der Verbraucher ein selten nachgefragtes Serienfahrzeug aus den vom Verkäufer angebotenen (vorgegebenen) Standardoptionen (wie z.B. Farbe, Motorisierung oder Zusatzausstattung) zusammenstellt. Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer nach Widerruf des Kaufvertrages Schwierigkeiten haben sollte, das so konfigurierte und vom Hersteller oder Lieferanten bezogene Fahrzeug weiter zu veräußern.
(925-00/Julia Cabanis)