In einem aktuellen Urteil zur Notwendigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) vor einer Kündigung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az.: Az. 2 AZR 138/21) sinngemäß folgendes entschieden:
Ein Arbeitgeber hat vor dem Ausspruch einer personenbedingten Kündigung grundsätzlich ein neuerliches betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines BEM erneut länger als sechs Wochen durchgängig oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt war. Kommt ein Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, so ist er beweispflichtig dafür, dass auch ein erneutes BEM nicht zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und damit nicht zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses geführt hätte.
Bewertung / Folgen der Entscheidung:
Zwar steht dem Arbeitnehmer kein Anspruch auf die Durchführung eines BEM zu. Für den Arbeitgeber ist es trotzdem empfehlenswert, dem Arbeitnehmer bei jeder neuen, länger als sechs Wochen andauernden Arbeitsunfähigkeit ein erneutes BEM anzubieten – insbesondere auch dann, wenn ein seit dem letzten abgeschlossenen BEM weniger als ein Jahr vergangen ist. Anderenfalls kann die auf eine Erkrankung des Arbeitnehmers gestützte Kündigung als unverhältnismäßig eingestuft und damit für unwirksam erklärt werden.
Der Arbeitgeber kann nach Auffassung der Bundesarbeitsrichter zwar geltend machen, dass die Durchführung eines (weiteren) BEM voraussichtlich auch keine positiven Ergebnisse gebracht hätte. Allerdings trägt der Arbeitgeber die nicht immer einfach zu erfüllende Darlegungs- und Beweislast für den Nachweis, dass das fehlende BEM objektiv nutzlos gewesen wäre.
(222-24/Julia Cabanis)