Weist ein älterer Gebrauchtwagen einen Sachmangel auf und steht für die Mangelbeseitigung – egal aus welchen Gründen – nur ein Neuteil zur Verfügung, durch dessen Einbau das Fahrzeug einen spürbaren Wertzuwachs erfährt, stellt sich mitunter die Frage, ob in derartigen Fällen der Käufer des Fahrzeugs nicht ausnahmsweise an den Mangelbeseitigungskosten beteiligt werden kann. Diese Rechtsfrage hat der Bundesgerichtshof (BGH, Az.: V ZR 231/20) nunmehr in einem branchenfremden Urteil überwiegend beantwortet. Interessanterweise hat er in seiner Urteilsbegründung auf Beispiele aus dem Gebrauchtwagenbereich verwiesen.
Der BGH hat eine Beteiligung des Käufers an den Kosten der Nachbesserung einer gebrauchten mangelhaften Kaufsache nach den Grundsätzen eines Abzugs „neu für alt“ zwar nicht generell ausgeschlossen, sie scheidet beim Gebrauchtwagenverkauf aber in den beiden überwiegend auftretenden Fällen aus, nämlich dann, wenn
• sich der Vorteil des Käufers darin erschöpft, dass die Kaufsache durch den zur Mangelbeseitigung erforderlichen Ersatz eines mangelhaften Teils durch ein neues Teil einen Wertzuwachs erfährt oder
• der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzten Teils Aufwendungen erspart.
Gleiches gilt für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, mit dem der Käufer die voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten geltend macht.
Fazit:
1. Beim Gebrauchtwagenkauf ist ein Vorteilsausgleich nach den Grundsätzen eines Abzugs „neu für alt“ in der Regel ausgeschlossen und kommt allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall in Betracht.
2. Baut der Verkäufer zur Mangelbeseitigung statt eines neuen Getriebes ein gleichwertiges gebrauchtes Getriebe in das Fahrzeug ein, erfüllt er damit seine Nacherfüllungspflicht. In diesem Fall hat der Käufer keinen Anspruch auf ein neues Getriebe und die Frage nach einem Vorteilsausgleich stellt sich nicht.
3. Muss bei einem Gebrauchtwagen zur Mangelbeseitigung ein neues Getriebe eingesetzt werden, weil ein funktionsfähiges gebrauchtes Getriebe – egal aus welchen Gründen – nicht verfügbar ist, hat der Käufer hierauf einen Anspruch und ist weder verpflichtet, den damit regelmäßig verbundene Vorteil einer Werterhöhung des Fahrzeugs auszugleichen noch die wegen der längeren Lebensdauer des ersetzten Teils ersparten Aufwendungen.
4. Je nach den Umständen des Einzelfalls, kann der Verkäufer aber berechtigt sein, eine Nacherfüllung wegen „Unverhältnismäßigkeit der Kosten“ abzulehnen. In diesem Falle beschränkt sich der Schadensersatzanspruch des Käufers auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts des Fahrzeugs, wodurch eine Besserstellung des Käufers ausgeschlossen wird.
5. Die vorgenannten Grundsätze gelten auch dann, wenn der Käufer die voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten berechtigterweise im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung geltend macht.
(933-16/Julia Cabanis)