Das Oberlandesgericht (OLG, Az.: 2 UKl 2/24) Stuttgart hat mit seinem Urteil entschieden, dass an Tankstellen die Außenwerbung für Tabakwaren unzulässig ist. Im Rahmen einer Unterlassungsklage nach § 2 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) in Verbindung mit § 20a Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG) war der Verbraucherschutzverein „Pro Rauchfrei“ gegen eine Tankstelle in Fellbach vorgegangen, die auf zwei innen an den Fensterscheiben befestigten Monitoren für Zigarettenmarken geworben hatte.
Im Verbandsklageverfahren war bereits erstinstanzlich (und im Übrigen auch letztinstanzlich, da keine Revision zugelassen wurde) das OLG Stuttgart zuständig. § 20a TabakerzG lautet: „Es ist verboten, Außenwerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter zu betreiben. Satz 1 gilt nicht für Werbung an Außenflächen einschließlich dazugehöriger Fensterflächen von Geschäftsräumen des Fachhandels.“
Das OLG teilte zunächst die Ansicht des Klägers, dass es sich bei den Monitoren um Außenwerbung handelte, obwohl sie innerhalb des Tankstellengebäudes angebracht waren. Entscheidend sei der Ort, an dem die Werbung wahrgenommen wird – in diesem Fall unbestreitbar außerhalb des Gebäudes. Sinn und Zweck des Tabakwerbeverbotes sei es jedoch, Konsumentinnen und Konsumenten außerhalb von Ladenlokalen vor den Anreizen zu schützen, die von Tabakwerbung ausgingen.
Die gesetzliche Ausnahme für den Fachhandel könnten Tankstellen nicht für sich in Anspruch nehmen. Das Gericht wörtlich: „(1) Eine Tankstelle wird gemeinhin nicht als Fachhandelsgeschäft für Tabakerzeugnisse verstanden. Ihr primärer Zweck ist die Versorgung der Bevölkerung mit Fahrzeugtreibstoffen. Hinzugekommen sind im Laufe der Zeit der Verkauf von Reisebedarf (Getränken, Süßigkeiten etc.) und von Hilfsmitteln, die zum sicheren Betrieb eines Kraftfahrzeugs kurzfristig erforderlich sein können und mit denen sich der Autofahrer selbst weiterhelfen kann (z.B. Motorenöl). Dieser Zuschnitt erlaubt es Tankstellen, ihr Sortiment auch außerhalb der regulären, gesetzlich beschränkten Ladenöffnungszeiten zu verkaufen. (2) Der Verfügungsbeklagte, welcher die für den Ausnahmetatbestand erforderlichen Tatsachen vortragen und glaubhaft machen müsste, hat nichts vorgetragen, woraus sich ergäbe, dass in seiner Tankstelle eine Spezialisierung vorliegt, wie sie von einem Fachhandel zu erwarten wäre (…).” Insbesondere habe die Tankstelle keine besondere Qualifikation ihres Personals in Bezug auf Tabakwaren für die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes dargelegt. Anmerkung: Dass man sicher auch über die Qualifikation des Personals in sich Fachhandel nennenden Verkaufsstellen trefflich streiten könnte, spielte im Verfahren keine Rolle.
Das rechtskräftige Urteil betrifft zwar nur einen Einzelfall, doch ist davon auszugehen, dass die Auffassung des OLG Stuttgart von anderen Gerichten geteilt werden wird. Der Vorstand des Vereins „Pro Rauchfrei“ hat bereits angekündigt, Tankstellen stichprobenartig auf Außenwerbung für Tabakwaren zu überprüfen und ggf. abzumahnen. Gut möglich ist auch, dass weitere Vereine dieses Abmahngeschäftsfeld für sich nutzen wollen.
Es wird geraten, jegliche Art von Außenwerbung (Aufsteller außerhalb des Gebäudes, Aufkleber an der Shoptür, Matten vor der Tür usw. für alle Raucherprodukte (auch Erhitzer, Verdampfer, Shisha usw.) sofort zu entfernen. Von den Mineralölgesellschaften hat nach Kenntnis des Zentralverbandes des Tankstellengewerbes (ZTG) bisher nur Shell auf das Urteil reagiert und ihren Pachtstationen mitgeteilt, dass Außenwerbung für Tabakprodukte ab sofort nicht mehr an Shell Tankstellen gezeigt werden dürfe und entfernt werden müsse.