In einem aktuellen Urteil hat das Landesarbeitsgericht (LAG, Az.: 2 Sa 280/21) Schleswig-Holstein zur Frage, auf welcher Basis die Angemessenheit einer Ausbildungsvergütung zu berechnen ist, sinngemäß folgendes entschieden:
Eine vereinbarte Ausbildungsvergütung, welche die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 Prozent unterschreitet, ist in der Regel nicht angemessen im Sinne des § 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Beim dafür notwendigen Vergleich der tariflichen Ausbildungsvergütung mit der tatsächlichen Vergütung ist eine tarifvertraglich vorgesehene Ausbildungszeit von 37,5 Stunden pro Woche auf eine 40 Stunden-Woche hochzurechnen, wenn im Ausbildungsbetrieb die Auszubildenden tatsächlich so lange arbeiten.
Fazit:
Auslöser u.a. für das hier besprochene Urteil des LAG Schleswig-Holstein könnten Aktivitäten des DGB-Rechtsschutz sein, welcher dieses Thema nach unseren Erkenntnissen derzeit wohl sehr aktiv begleitet.
Das Urteil bestätigt zunächst einmal mehr den allgemeinen Grundsatz, dass eine vereinbarte Ausbildungsvergütung dann unangemessen ist, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 Prozent unterschreitet. Ist die Unangemessenheit festgestellt, dann kann der Auszubildende die Zahlung der tariflichen Ausbildungsvergütung verlangen.
Allerdings beschäftigt sich die Entscheidung auch mit der bislang noch nicht höchstrichterlich geklärten Frage, auf welche Berechnungsbasis sich der Vergleich zwischen tariflicher Vergütung und tatsächlicher Vergütung bezieht. Nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein sind nicht die tariflichen mit den vereinbarten Monatsvergütungen zu vergleichen, sondern ausdrücklich die sich daraus errechnenden Stundenlöhne.
Ob diese Sichtweise unbedingt zwingend ist, werden sicherlich erst künftige Urteile zeigen. Man kann hier nach ZDK-Auffassung nämlich genauso argumentieren, dass die Bruttomonatsvergütung des Auszubildenden als Gegenleistung für die Ausbildung an sich geschuldet wird und eben keinen konkreten Stundenbezug beinhaltet. Im Übrigen kann man sich in einigen Regionen sicherlich zusätzlich die Frage stellen, ob die zugrunde gelegte tarifliche Vergütung überhaupt noch als Vergleich für § 17 Abs. 4 BBiG herangezogen werden kann.
(220-80/Julia Cabanis)