Die Fachtagung für freie Werkstätten und Servicebetriebe in Würzburg am 10. Oktober 2020 verdeutlichte, dass in Zukunft kaum noch Arbeiten ohne Kontakt mit dem Autohersteller durchgeführt werden können. Trotzdem können die freien Werkstätten mit den richtigen Werkzeugen und Informationen handlungsfähig und kompetent bleiben.
Das aktuelle Hauptproblem vieler freien Werkstätten ist zurzeit die Schließung der OBD-Schnittstelle vieler Fahrzeughersteller. Hintergrund ist, dass aufgrund der am 1. September 2020 in Kraft getretenen Typgenehmigungsverordnung (EU) 2018/858 der Zugang zum Fahrzeug über die OBD-Schnittstelle einen Schutz vor unbefugtem Zugriff gewährleisten muss. Dies realisieren die Fahrzeughersteller mit einem sogenannten „Security Gateway“, sowie digitalen „Zugangszertifikaten“ und einer Authentifizierung des zugriffsberechtigten Werkstattpersonals.
Viele Betriebe befürchten, dass sie in Zukunft kaum noch eigenständig Fehlersuchen oder Software-Updates durchführen können. Doch das stimmt nicht: Mit den richtigen Werkzeugen schaffen es die Freien, in der Diagnose auf Augenhöhe mit den Herstellern zu kommen und damit weiterhin in vollem Maße handlungsfähig und kompetent zu bleiben.
Wie die richtigen Werkzeuge aussehen, zeigten die Expertenvorträge auf dieser Fachtagung. Um die immer aufwendigeren Sicherheitsmaßnahmen der Autohersteller überwinden zu können, müssen freie Werkstätten allerdings technisch stets up to date sein. „Betriebliche Investitionen in Hard- und Software sind absolut nötig“, betonte Stefan Vorbeck, Sprecher der Bundesfachgruppe freie Werkstätten im Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Freie Werkstätten die mit Herstellerdiagnosesystemen arbeiten, haben das Problem des Zugangs nicht, da diese bereits beim Fahrzeughersteller registriert und authentifiziert sind.
Vorbeck kritisierte allerdings, dass alle Fahrzeughersteller die Zugangsvoraussetzungen selbst regelten, und forderte eine Standardisierung für den Zugriff der Kfz-Betriebe. Der ZDK setzt sich laut Vorbeck bei der Europäischen Union bereits dafür ein, einen standardisierten Fahrzeugzugang für Werkstattbetriebe in die Homologationsvorschriften aufzunehmen.
Der Diagnoseexperte Professor Stefan Goß von der Fachhochschule Ostfalia betonte, dass Autohersteller das Security Gateway, also den Schutz der Diagnoseschnittstellen vor unbefugter Benutzung, keinesfalls als Behinderung freier Werkstätten eingeführt hätten, sondern tatsächlich als Schutz vor Hackerangriffen. Mit einer Anmeldung beim Hersteller können also auch weiterhin Diagnosearbeiten an solchen „gesperrten“ Fahrzeugen vorgenommen werden. Dies dürfte ohnehin bald Standard werden. Laut Dr. Harald Neumann, Leiter des Fachbereichs Diagnose beim Werkstattausrüsterverband ASA, arbeiten nämlich „alle Autohersteller an einem Security Gateway“.
Praxisnahe Vorträge und Livepräsentationen machten auf der Fachtagung zudem deutlich, dass die Arbeit mit den Herstellerportalen keine „Raketenwissenschaft“, sondern von jedem Werkstattmitarbeiter zu erlernen und umzusetzen ist. So demonstrierten die „Autodoktoren“ Hans-Jürgen Faul und Holger Parsch, bekannt aus der Sendung „Auto Mobil“ auf Vox, wie man mit dem Diagnosegerät Euro-DFT Zugang zur Diagnose- und Programmierungssoftware der Fahrzeughersteller bekommt und damit beispielsweise in wenigen Minuten einen Fahrzeugschlüssel anlernt. Und Thorsten Blos, Fachredakteur beim Ausbildungsmagazin »autoFACHMANN«, erklärte den Umgang mit den digitalen Serviceheften mehrerer Autohersteller und führte vor, dass sich hinter diesen oft erstaunlich leistungsstarke Diagnose- und Programmierungsfunktionen verbergen.
Die Fachtagung ist ein Forum für Inhaber und Führungskräfte freier Werkstätten und Servicebetriebe. Die praxisnahen Vorträge und Livepräsentationen sind ein besonderes Merkmal der Veranstaltung und behandeln das gesamte Arbeitsgebiet freier und markengebundener Kfz-Betriebe. Eine umfassende Branchenausstellung rundet das Programm ab.
(053-17/Bernd Schalud)
Anerkannte SP-Betriebe müssen leider noch warten. Das SP Modul wird zu einem späteren Zeitpunkt in AÜK Plus integriert werden können.
(065-05/Bernd Schalud)