Zum 1. Oktober 2022 ist das „Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (kurz: Mindestlohnerhöhungsgesetz)“ in Kraft getreten, mit dem der Mindestlohn erhöht und Folgeänderungen bei den geringfügigen Beschäftigungen vorgenommen wurden.
1. Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro
Nachdem der gesetzliche Mindestlohn schon zum 1. Juni 2022 auf 10,45 Euro angehoben wurde, ist er damit ganz aktuell zum 1. Oktober 2022 nochmals auf nun 12 Euro brutto je Zeitstunde angestiegen.
2. Künftig: Dynamische Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze bei Minijobs
Um Arbeitnehmern auch künftig geringfügige Beschäftigungen trotz Erhöhung des Mindestlohns auf dem bisherigen Niveau zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber mit dem gleichen Gesetz auch die sog. Geringfügigkeitsgrenze angehoben. So liegt nämlich nach der Neufassung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV künftig ein sog. Minijob vor, wenn das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt die sog. „Geringfügigkeitsgrenze“ nicht übersteigt.
Die Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs betrug bekanntlich bis zum Inkrafttreten des obigen Gesetzes für viele Jahre 450 Euro. Ab dem 1. Oktober 2022 ist sie nun per Gesetz dynamisch ausgestaltet und orientiert sich am Mindestlohn. Nach dieser Neuregelung soll eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von bis zu zehn Stunden auch dann unverändert möglich sein, wenn der Mindestlohn steigt. Die nun gesetzlich verankerte Formel zur Berechnung der Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 Abs. 1 a SGB IV) lautet:
Geringfügigkeitsgrenze = Mindestlohn x 130 : 3 (auf volle Euro aufgerundet)
(Hinweis: Die Zahl 130 entspricht dabei der Arbeitszeit in 13 Wochen (= 3 Monate) mit einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden. Die Geringfügigkeitsgrenze wird jedoch immer erst vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Ab dem 1. Oktober 2022 beträgt sie 520 Euro. Weitere Voraussetzungen (z.B. Einhaltung einer bestimmten Arbeitszeit) sind für einen Minijob weiterhin nicht zu erfüllen).
3. Anpassung des ZDK-Musterarbeitsvertrages zum Minijob
Des Weiteren hat der ZDK die auf die Erhöhung des Mindestlohns basierenden und zum 1. Oktober 2022 in Kraft getretenen Änderungen bei der geringfügigen Beschäftigung zum Anlass genommen und den Musterarbeitsvertrag für Minijobs aktualisiert. Dieser beinhaltet natürlich auch die seit kurzen bereits gelten Änderungen im Nachweisgesetz.
4. Anhebung der Obergrenze für den Übergangsbereich (sog. Midijobs) auf 1.600 Euro
Neben der Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze auf 520 Euro ist mit obigem Gesetz zum 1. Oktober 2022 auch die Obergrenze des Übergangsbereichs (sog. Midijobs) von 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben worden. Neben dieser (eine Ausweitung der Arbeitszeit nicht fördernden) Anhebung der Obergrenze auf 1.600 Euro kommt es hier zudem leider zu einer Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Die Arbeitgeberbeiträge beginnen nun seit dem 1. Oktober 2022 bei 28 Prozent oberhalb des Minijob-Bereichs (also ab 521 Euro) und sinken linear auf ca. 20 Prozent bis 1.600 Euro ab.
5. Erwartbare weitere Anhebung der Obergrenze für Midijobs auf 2.000 Euro zum 01.01.2023
Ab 01.01.2023 wird dann mit einem aktuell von der Bundesregierung eingebrachten weiteren Gesetzgebungsverfahren der Übergangsbereich nochmals erweitert werden. Dann wird der Übergangsbereich (Midijobs) mit den erhöhten Arbeitgeberbeiträgen sogar bis 2.000 Euro reichen. Dadurch wird sich die in diesem Bereich stattfindende Beschäftigung (also vor allem in Teilzeittätigkeiten) für die Arbeitgeber deutlich verteuern.
6. Weitere Informationen von ZDH und BDA
Aufgrund des weiterhin hohen Informationsbedarfs zum gesetzlichen Mindestlohn hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), das Merkblatt „ZDH-Praxis Arbeitsrecht – Der gesetzliche Mindestlohn“ veröffentlicht, welches mittels ausführlicher Information beim Umgang mit dem Mindestlohn unterstützen soll.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Erhöhung von Geringfügigkeitsgrenze und Obergrenze im Übergangsbereich sowie aufgrund der geplanten Anhebung der Obergrenze auf dann 2.000 Euro hat der ZDH zudem seinen „Minijob-Flyer“ aktualisiert.
7. Fazit
Die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro und die damit verbundenen Nachteile für Arbeitgeber wurden in der Presse bereits ausführlich diskutiert. Insbesondere greift der Staat mit der Erhöhung des Mindestlohns zum zweiten Mal nach dessen Einführung in die tarifautonome Lohngestaltung der Sozialpartner ein. Die damit im Zusammenhang stehende Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze auf 520 Euro war dagegen notwendig und richtig.
Zudem ist die aktuelle Anhebung der Obergrenze des Übergangsbereichs (Midijobs) von 1.300 Euro auf 1.600 Euro aus Arbeitgebersicht mit Nachdruck zu kritisieren. Denn diese Anhebung sendet Anreize gegen eine Ausweitung der Arbeitszeit aus. Vor allem aber verteuert die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung im Midijob-Bereich (beginnend mit 28 Prozent ab 521 Euro und dann linear sinkend auf ca. 20 Prozent bei 1.600 Euro) die Beschäftigung im sog. Übergangsbereich. Diese Kritik gilt erst recht für die erwartbare Erhöhung der Obergrenze für Midijobs auf 2.000 Euro ab 2023, weil dies dann bis zu diesem Betrag erhöhte Arbeitgeberbeiträge bedeutet. Außerdem wird mit der Einführung höherer Beiträge für Arbeitgeber das grundlegende Prinzip der maximal paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge zu Lasten der Arbeitgeber aufgegeben.
Das Merkblatt und der Flyer können auf www.kfz-bw.de unter Mitglieder / Unser Service für Mitglieder / Downloads / Monatsdienst heruntergeladen werden.
Die aktualisierten Musterarbeitsverträge können auf www.kfz-bw.de unter Mitglieder / Unser Service für Mitglieder / Downloads / Anstellungsvertragsmuster/ heruntergeladen werden.
(221-14/Julia Cabanis)