Aus dem Mitgliederkreis ist dem Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG) eine Ergänzung zum Tankstellen-Partner-Vertrag von Couche-Tard mit der Bitte um eine Bewertung überlassen worden.
Der vorliegende Vertragstext sieht Regelungen für die beabsichtigte Einführung von Eigenmarken vor, die nach dem Vertrag von Couche-Tard oder einem beauftragten Dritten angeboten werden. Solche der Eigenmarkenprodukte sollen nach der vertraglichen Konzeption an allen Tankstellen in dem von Couche-Tard übernommenen Netz vertrieben werden.
Grundsätzlich kann die Einführung von Eigenmarken, wie sich am Beispiel der Orlen gezeigt hat, für alle Beteiligten, auch für die Betreiber der Tankstellen, als Erfolg darstellen. Die jetzt vorgelegte Vereinbarung enthält allerdings einige Regelungen, die sich als für die Tankstellenbetreiber problematisch erweisen könnten:
• Gemäß der Vereinbarung ist der Tankstellenbetreiber verpflichtet, stets einen ausreichenden Vorrat an Eigenmarkenprodukten vorzuhalten. Die Menge der von dem Tankstellenbetreiber vorzuhaltenden Produkte wird nach der Vereinbarung so definiert, dass einerseits gewährleistet sein muss, dass Kunden stets die Gelegenheit haben, die Eigenmarkenprodukte in üblichen Mengen einzukaufen. Andererseits muss der Tankstellenbetreiber gewährleisten, dass die von Couche-Tard vorgegebenen Planungogramme zur Bestückung der Regale eingehalten werden.
Da die Produkte im Eigengeschäft durch den Pächter vertrieben werden, liegt das Risiko, Produkte nicht veräußern zu können, alleine bei dem Pächter. Hinzu kommt die in dem Vertrag ebenfalls vorgesehene Verpflichtung des Pächters, die Einhaltung gesetzlicher Regelungen, beispielsweise der Mindesthaltbarkeitsdaten, eigenverantwortlich zu prüfen. Im Ergebnis ist also auch der Warenverderb das alleinige Risiko des Tankstellenbetreibers.
Wünschenswert wäre es gerade im Zusammenhang mit der Einführung dieser Produkte, ein Kommissionsgeschäft einzurichten, sodass die Akzeptanz der Produkte bei den Kunden nicht auf Risiko des Tankstellenbetreibers festgestellt wird.
• Die Vereinbarung sieht darüber hinaus die Verpflichtung des Tankstellenbetreibers vor, Aktionsmaßnahmen, die einzelne Eigenmarkenprodukte besonders hervorheben, nach Anweisung von Couche-Tard vollständig umzusetzen. Das betrifft sowohl die Präsentation der Waren als auch die Bestimmung der Verkaufspreise. Der Vertrag sieht für die Durchführung von Aktionen vor, dass die grundsätzlich bestehende Berechtigung des Tankstellenbetreibers, die Verkaufspreise bis zu einer festgesetzten Höchstgrenze selbst zu bestimmen, für bestimmte Zeiträume ausgesetzt ist. So kann beispielsweise bei der Einführung neuer Produkte ein Verkaufspreis von Couche-Tard für drei Monate vorgegeben werden.
Ob auch im Falle solcher Aktionen eine auskömmliche Marge für den Tankstellenbetreiber gewährleistet ist, lässt dem vorliegenden Vertrag nicht verbindlich entnehmen. Die Einführung und verpflichtende Umsetzung der von Couche-Tard vorgegebenen Verkaufspreise kann deshalb dazu führen, dass einerseits keine auskömmliche Marge erreicht werden kann und andererseits Konkurrenzprodukte, die mit einer auskömmlichen Marge ausgestattet sind, schlechter verkauft werden. Das Risiko trägt der Tankstellenbetreiber allein.
Bislang ist lediglich eine begrenzte Anzahl von Eigenmarken Produkten bekannt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Schmierstoffe, Frostschutzmittel und AdBlue. Die dafür angekündigten Margen sind allerdings durchaus auskömmlich. Es bleibt abzuwarten, ob das auch für zukünftig eingeführte Produkte gilt.
• Auch wenn der Vertrag im Zusammenhang mit dem bestehenden Tankstellenvertrag geschlossen wird, ist die Vereinbarung zum Vertrieb von Eigenmarkenprodukten von beiden Seiten unabhängig von dem Tankstellenvertrag zu kündigen. Für beide Seiten besteht eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres. Wird keine Kündigung innerhalb dieser Frist ausgesprochen, verlängert sich der Vertrag jeweils um ein weiteres Jahr. Couche-Tard soll darüber hinaus berechtigt sein, den Vertrag außerordentlich zu kündigen, wenn der Partner trotz einer Abmahnung, die ihm mindestens eine Frist zur Abstellung vertragswidrigen Verhaltens von vier Wochen eingeräumt hat, Verpflichtungen aus dem Vertrag weiterhin nicht einhält.
Fazit:
Sofern die Margen, die für die aktuell bekannten Eigenmarkenprodukte genannt werden, auch für andere Produkte aufrechterhalten bleiben, kann der Verkauf dieser Produkte wirtschaftlich für den Tankstellenbetreiber attraktiv sein. Die starke Bindung an Vorgaben zur Präsentation dieser Artikel und, unter bestimmten Umständen, an die Preisvorgaben, stellen allerdings ein beachtenswertes Risiko für den Betreiber dar. Hinzu kommt das Risiko des etwaigen Verderbs von Waren, dass der Betreiber allein trägt.