Das Landesarbeitsgericht (LAG, Az.: 5 Sa 284 a/24) Schleswig-Holstein hat entschieden, dass Arbeitnehmer nach einer entzündeten Tätowierung keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben, da ihnen ein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit anzulasten ist.
Wesentlicher Inhalt:
Das Urteil betrifft eine Arbeitnehmerin, die nach einer Tätowierung am Unterarm eine Entzündung erlitt und daraufhin arbeitsunfähig wurde. Die Arbeitgeberin verweigerte die Entgeltfortzahlung für die krankheitsbedingten Fehltage mit der Begründung, die Arbeitnehmerin habe die Erkrankung selbst verschuldet. Die hiergegen klagende Arbeitnehmerin argumentierte, das Risiko einer Entzündung sei gering und Tätowierungen seien Teil der geschützten privaten Lebensführung.
Nach Auffassung des LAG Schleswig-Holstein besteht allerdings kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf Komplikationen nach einer medizinisch nicht indizierten, freiwilligen Körpermodifikation wie einer Tätowierung beruht. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin mit der Einwilligung in die Tätowierung das Risiko einer Entzündung billigend in Kauf genommen habe. Ein solches Verhalten stelle einen groben Verstoß gegen das Eigeninteresse an der Erhaltung der eigenen Gesundheit dar und sei als Verschulden im Sinne des § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zu werten.
Das Gericht zog Parallelen zu § 52 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V, wonach Krankenkassen Leistungen bei Krankheiten infolge ästhetischer Eingriffe einschränken können. Auch wenn diese Regelung nicht direkt auf das EFZG übertragbar sei, zeige sie, dass das Risiko solcher Komplikationen dem Veranlasser zugewiesen werden soll. Die Argumentation der Klägerin, Tätowierungen seien mit Sportverletzungen vergleichbar, ließ das Gericht nicht gelten: Während Sportverletzungen nur bei grob fahrlässigem Verhalten als verschuldet gelten, sei bei Tätowierungen das Risiko einer Komplikation von vornherein bewusst in Kauf genommen worden.
Bewertung:
Das Urteil stärkt die Linie, dass Arbeitnehmer für die Folgen freiwilliger, medizinisch nicht notwendiger Eingriffe selbst einstehen und nicht der Arbeitgeber das finanzielle Risiko tragen muss. Eine Schwierigkeit dürfte in der Praxis dahingehend bestehen, ob der Arbeitgeber von einem solchen Umstand Kenntnis erlangt.