Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az.: 5 AZR 273/24) hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer im Annahmeverzug nicht böswillig anderweitigen Verdienst unterlassen hat, wenn der Arbeitgeber keine ausreichend konkreten und zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten nachweist und der Arbeitnehmer lediglich gegenüber der Agentur für Arbeit den Wunsch äußert, zum bisherigen Arbeitgeber zurückzukehren.
Wesentlicher Inhalt:
Der Kläger machte nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage Annahmeverzugslohn geltend. Die Beklagte argumentierte, der Kläger habe böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen, da im relevanten Zeitraum zahlreiche offene Stellen bestanden hätten. Dies müsse er sich gem. § 11 Nr. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anrechnen lassen.
Das BAG entschied hierzu vorliegend:
• Böswilligkeit liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich untätig bleibt und eine zumutbare Arbeit nicht annimmt oder deren Aufnahme verhindert.
• Der Arbeitnehmer muss sich nicht unermüdlich um Arbeit bemühen, aber auf realistische Angebote reagieren und ggf. Eigenbemühungen entfalten.
• Die Darlegungs- und Beweislast für die Existenz zumutbarer Beschäftigungsmöglichkeiten und deren Erfolg trägt grundsätzlich der Arbeitgeber. Im konkreten Fall hat die Beklagte keine ausreichend konkreten und zumutbaren Stellen benannt, die für den Kläger geeignet gewesen wären.
• Die Mitteilung des Klägers an die Agentur für Arbeit, er wolle zum bisherigen Arbeitgeber zurückkehren, ist rechtlich zulässig und begründet keine Böswilligkeit.
Bewertung:
Das BAG bestätigt mit der vorliegenden Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf ein böswilliges Unterlassen einer anderweitigen Verdiensterzielung durch den Arbeitnehmer während eines Annahmeverzugs. Arbeitgeber müssen im Streitfall konkret darlegen, welche zumutbaren und realistischen Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden und warum der Arbeitnehmer diese hätte erfolgreich wahrnehmen können. Pauschale Hinweise auf einen guten Arbeitsmarkt oder allgemeine Stellenangebote genügen nicht; es sind detaillierte Angaben zu Tätigkeit, Arbeitsort, Verdienst und Anforderungen notwendig. Für die Praxis bedeutet dies, dass Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer nach einer Kündigung frühzeitig und konkret geeignete Stellenangebote unterbreiten und dokumentieren sollten, um die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf etwaige Annahmeverzugslohnansprüche erfüllen zu können.