Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat einen FAQ-Katalog veröffentlicht, der sich mit den Ansprüchen auf Ersatz des Verdienstausfalls für Arbeitnehmer und Selbstständige nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) befasst. Diese Information des BMG soll im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie näher erläutern, welche Anspruchsvoraussetzungen und welchen Anspruchsumfang diese Vorschrift hat und zudem weitere sozialversicherungsrechtliche Fragen klären.
In den vergangenen Wochen sind bezüglich § 56 IfSG einige Fragen aufgetaucht, zu denen sich das BMG in obigem FAQ-Katalog (Anlage) zum Teil auch positioniert:
1. Grundsätzliche Dauer des Entschädigungsanspruchs nach § 56 Abs. 1a IfSG
Das BMG hat sich in seiner Information zunächst grundsätzlich zur Anspruchsdauer des Entschädigungsanspruchs nach § 56 Abs. 1a IfSG für erwerbstätige Personen mit betreuungspflichtigen Angehörigen geäußert, wenn die Betreuungseinrichtung „pandemiebedingt“ vorübergehend geschlossen wird. Insoweit beträgt die Anspruchsdauer normalerweise zehn Wochen und ausnahmsweise 20 Wochen bei erwerbstätigen Personen, die ihr Kind allein betreuen oder pflegen. Unklar ist die Rechtslage aber, wenn die Entschädigung wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten nicht am Stück genommen wird (beispielsweise weil die Betreuungseinrichtung nur tageweise geschlossen ist). Für diese Fälle weist das BMG nun ausdrücklich darauf hin, dass eine Umrechnung in Arbeitstage zu erfolgen hat. Eine Verteilung auf einzelne Stunden ist jedoch nicht zulässig (vgl. Frage 9 des FAQ-Katalog).
2. Berechnung der Anspruchsdauer bei Teilzeitbeschäftigten
Des Weiteren geht das BMG bei Teilzeitbeschäftigten mit ungleicher Verteilung der Wochenarbeitszeit von einer anteiligen Kürzung der Anspruchsdauer aus. Nach dem Papier besteht der Anspruch etwa bei einer Fünf-Tage-Woche in Höhe von 50 bzw. 100 Arbeitstagen, bei einer Drei-Tage-Woche dagegen nur in Höhe von 30 bzw. 60 Arbeitstagen. Klargestellt wird damit, dass bei Teilzeittätigkeit, sofern jeden Tag nur wenige Stunden gearbeitet werden, ein gesamter Tag vom Gesamtumfang verbraucht wird (vgl. Frage 9 des FAQ-Katalogs).
3. Anrechnung von Arbeitgeberzuschüssen auf Entschädigungen nach § 56 IfSG
Gewährt der Arbeitgeber – gleich auf welcher Rechtsgrundlage – Zuschüsse, werden diese nach Ansicht des BGM auf die Entschädigung nach § 56 IfSG nur angerechnet, soweit sie zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigen (vgl. Frage 41 des FAQ-Katalogs).
4. Verhältnis von § 56 IfSG zum Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB
Umstritten ist immer noch, ob eine fehlende vertragliche Regelung zum Ausschluss des § 616 BGB („Vorübergehende Verhinderung“) im Arbeits- oder Tarifvertrag dazu führt, dass ein Anspruch des Arbeitnehmers nach §56 Abs. 1 IfSG nicht entsteht. Insoweit regelt § 616 BGB, dass der Arbeitgeber dennoch zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer („der zur Dienstleistung Verpflichtete“) für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Erbringung seiner Dienstleistung verhindert ist. Allerdings kann diese grundsätzliche Pflicht zur „Fortzahlung“ vertraglich ausgeschlossen werden – was allerdings in vielen Fällen nicht erfolgt ist. Fehlt ein solcher vertraglicher Ausschluss des § 616 BGB, vertreten nun viele der für die Auszahlung der Entschädigung zuständigen (Gesundheits-)Ämter die Auffassung, dass beim Beschäftigungshindernis der derzeitig regelmäßig angeordneten 14-tägigen Quarantäne infolge eines Corona-Verdachts kein Anspruch des Arbeitnehmers nach § 56 Abs. 1 IfSG entsteht. Denn dieser habe ja nach § 616 BGB wegen seines Anspruchs auf die Vergütung keinen Verdienstausfall und 14 Tage stellten keine erheblich lange, § 616 BGB ausschließende Zeit dar.
Über den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat sich der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) bereits für eine politische Lösung dieser Problematik eingesetzt.
Nun hat sich das BMG unseres Wissens nach erstmals dazu geäußert, wie seine Rechtsansicht zum Verhältnis von § 616 BGB und § 56 IfSG ist. Nach Darstellung der obigen Rechtslage trifft das Ministerium insbesondere eine Aussage dazu, wie der unbestimmte Rechtbegriff „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne des § 616 BGB zu bewerten ist. Genau bestimmen lasse sich diese Zeit nicht definitiv, da es immer auf die Umstände des Einzelfalles ankomme. Im Regelfall dürften wahrscheinlich jedenfalls fünf Tage als „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ anzusehen sein (vgl. Frage 19 des FAQ-Katalogs).
Der FAQ-Katalog des BMG kann im Mitgliederbereich unserer Homepage www.kfz-bw.de unter Mitglieder / Unser Service für Mitglieder / Downloads / Coronavirus / FAQ zum Infektionsschutzgesetz / FAQ_Entschädigungsansprüche_zu_56_IfSG_BMG heruntergeladen werden.
Wie sich die Gesundheitsämter in ihren Äußerungen und Bescheiden zum Verhältnis von § 56 IfSG und § 616 BGB zukünftig stellen, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Über den Fortgang wird berichtet.
(220-40/Rabea Hasselbach)