Ende April führte der Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG) in Hamburg ein Gespräch mit Vertretern der Shell Deutschland Oil GmbH, an dem von Seiten der Shell auch Jan Toschka, General Manager Retail DACH, und Matthias Volp, National Retail Manager Germany, teilnahmen. Das Gespräch verlief in sehr sachlicher und angenehmer Atmosphäre, auch wenn bei einzelnen Themen die Positionen natürlich gegensätzlich blieben. Zusammenfassung des ZTG:
1. Wichtigstes Thema des Gesprächs war die von Shell seit Oktober 2018 angekündigte „Weiterbelastung der Betriebskosten” an die Pächter mit einem RBA-Premium-Vertrag. Die jeweiligen Argumente waren durchweg bekannt, denn einerseits kannten die Vertreter der Shell unsere Rundschreiben zu diesem Thema, andererseits waren uns Herrn Toschkas Schreiben an die Partner natürlich übermittelt worden.
Herr Toschka verwies nochmals auf die eindeutige Vertragsklausel im RBA-Premium-Vertrag, die den vertraglichen Anspruch der Shell auf Weiterbelastung der Nebenkosten festlege. Ihm sei bis zu einem gewissen Grad nicht verständlich, dass Kaufleute einen solchen Vertrag unterschrieben haben und sich später darüber überrascht zeigen, dass Vertragsklauseln auch angewendet werden. Ungeachtet dessen habe er in Gesprächen mit dem Partnerforum der Shell versucht, Kompromisslösungen zu finden und sei eigentlich enttäuscht, dass viele Partner sich diesen Kompromissen verschließen und weiterhin generell der Weiterbelastung der Betriebskosten widersprechen. Insbesondere in Fällen, in denen die Weiterbelastung existenzielle Auswirkungen für GmbHs haben könnte, sei man diesen Partner sehr weit entgegengekommen. Die durchschnittliche Belastung pro Tankstelle pro Jahr liege im Übrigen bei etwa 3000,- Euro pro Jahr. Zurzeit würden Einzelgespräche geführt.
Der ZTG entgegnete daraufhin, dass er Herrn Toschkas Herangehensweise an die Thematik, sich zunächst einmal einen Überblick zu verschaffen und die Einzüge der geforderten Beträge hinauszuschieben, durchaus respektiert. Seine Argumentation, der vertragliche Anspruch sei klar, gehe jedoch zumindest bei den Pächtern fehl, denen bei der seinerzeitigen Vertragsumstellung, teilweise auf ausdrückliche Nachfrage, mitgeteilt worden war, diese Position werde wie in der Vergangenheit behandelt und die Betriebskosten seien bereits in der Pacht einkalkuliert. Nach den Ergebnissen der Umfrage des ZTG im letzten Jahr ist das bei etwa 60 Prozent der Betroffenen der Fall. Eine solche „Individualabrede” geht dann dem Vertrag vor. Dass diese Pächter wenig Lust verspüren, sich auf einen „Kompromiss” einzulassen, sondern vielmehr jegliches Vertrauen in Zusagen ihrer Gesellschaft verloren haben, versuchten wir, den Vertretern der Shell zu vermitteln. Originalaussage eines Mitglieds: „Wie soll ich mit einer Gesellschaft zusammenarbeiten und sie respektieren, wenn sie mich offensichtlich belogen hat?” Zur Vermeidung von Gerichtsprozessen schlugen wir vor, derartige Fälle vor die Schiedsstelle für die Tankstellenbranche zu bringen. Diese ist schließlich genau für Streitfragen gegründet worden, nach deren Beilegung man weiter zusammenarbeiten möchte. Der Vorschlag stieß, gelinde gesagt, auf wenig Begeisterung, was einzelne Mitglieder nicht davon abhalten sollten, bei Bedarf diesen Weg zu gehen.
Klar wurde außerdem, dass für das aktuelle Jahr und für weitere Jahre die Betriebskosten in die Geschäftsplanung eingestellt werden sollen (jetzt kann man ihre Größenordnung ja auch einschätzen), allerdings, ohne dass damit eine Neuberechnung der Pacht verbunden sein soll. Das unter RBA-Premium eingeführte Pachtsystem sei gerade dafür entwickelt worden, nicht bei jeder Gelegenheit Anpassungen vornehmen zu müssen, und die Ertragslage der meisten GmbHs sei auch erfreulich.
Die Behandlung dieses Themas wurde an dieser Stelle beendet, zum einen, weil die Argumente ausgetauscht waren, zum anderen, weil der ZTG den Eindruck gewonnen hat, dass eine endgültige Entscheidung noch nicht gefallen ist.
2. Leerstände, insbesondere bei den V-Power-Sorten
Der ZTG sprach die von vielen Shell-Mitgliedern kritisierte Versorgungsproblematik an. Insbesondere die V-Power-Sorten stehen an einigen Stationen teilweise schon längere Zeit nicht zur Verfügung. Über Ostern waren viele Tankstellen darüber hinaus auch in anderen Sorten leergelaufen. Bei den V-Power-Sorten kommt erschwerend hinzu, dass die Betreiber teilweise sehr erfolgreich Kunden auf die Smartdeals umgestellt haben. Diese Kunden, die 120,-Euro bezahlt haben, zeigen wenig Verständnis, wenn ihnen dann die Kraftstoffe nicht zur Verfügung stehen und beschimpfen teilweise das Personal aufs Übelste. Die Vertreter der Shell nehmen dieses Problem naturgemäß sehr ernst. Die dahinterstehenden Ursachen (Kraftstoffumstellung Winter auf Sommerware, Personalmangel auf Straßen und Schienen, Wartungsarbeiten bei einer Raffinerie) hätten sich allerdings dermaßen summiert, dass die Versorgung zumindest zum Zeitpunkt des Gesprächs nicht überall sichergestellt werden könne. Diese Ursachen waren natürlich bekannt. Was der ZTG bemängelte, war hauptsächlich die unvollständige Kommunikation gegenüber den Tankstellenpartnern und die gänzlich fehlende gegenüber den Smartdeal-Kunden. Den Tankstellenpartnern fehlten Instrumente, um die Kunden zu beruhigen und bei der Marke zu halten, seien es Geschenkgutscheine oder einen Sonderrabatt für die nächste Tankung. Die Vertreter der Shell sicherten zu, die Kommunikation zu verbessern. Zudem arbeite man an einem Angebot für die Smartdeal-Kunden (Anmerkung: Inzwischen erfolgt: Shell hat diesen Kunden ihren Jahrestarif um drei Monate verlängert.)
3. Ausgleich bei Umbauzeiten
Vor dem Hintergrund anderslautender Berichte von Mitgliedern erinnerte der ZTG an die Zusage der Shell, bei Stationsumbauten die Provisionsausfälle in der Umbauzeit zu vergüten. Klare Aussage der Shell: Diese Zusage gilt weiterhin, auch wenn sie vielleicht bei dem einen oder anderen Außendienstler in Vergessenheit geraten sein sollte.
4. „Kartenabwicklung – Stationen – Zahlungsströme”
Zu diesem Zeitpunkt lag dem ZTG bereits der Vertragsnachtrag zur Kartenakzeptanz vor, zu dem er einige Nachfragen hatten, die in dem Gespräch geklärt werden konnten. Das Thema ist in diesem Monatsdienst als separater Artikel veröffentlicht.
5. Freie Wahl des Steuerberaters
Der ZTG erinnerte an Punkt 5. des Verhaltenskodex für das Tankstellengeschäft, der Tankstellenpächtern die Freiheit bei der Wahl ihres Steuerberaters sichert. Für den Mineralölwirtschaftsverband (MWV) hatte den Kodex der seinerzeitige Geschäftsführer der Shell Deutschland Oil GmbH, Dr. Peter Blauwhoff, unterzeichnet. Die Vertreter der Shell äußerten einhellig, dass dieser Punkt natürlich beachtet werde. Nach entsprechender Nachfrage wurde dem ZTG versichert, dass dies auch für die 100prozentige Shell-Tochter Rheinland Kraftstoff zu gelten habe, deren Netz sich durch Umflaggung von Shell-Stationen in den letzten Jahren erheblich vergrößert hat.
Nachbemerkung zu dem Gespräch:
Bezüglich der Weiterbelastung von Betriebskosten hat sich der Eindruck des ZTG, dass innerhalb der Shell-Organisation wohl noch um die richtige Entscheidung gerungen wird, nach dem Gespräch noch verstärkt. Wie aus dem Netz zu hören ist, soll es ein Schreiben der Außendienstorganisation an die Zentrale mit der Bitte geben, auf die Weiterbelastung der Betriebskosten zu verzichten. Die negativen Auswirkungen sowohl auf die Motivation der Partner wie auch die Partnerwirtschaftlichkeit sind offensichtlich zu groß.
Weiterhin empfehlen die ersten Außendienstler, dass GmbHs mit einem negativen Geschäftsplan mit ihrem Steuerberater ein Sanierungskonzept aufstellen sollen. Sobald das Konzept vorliegt, wird empfohlen, die Pachtvereinbarung (nicht den Gesamtvertrag!) zu kündigen, um in neue Pachtverhandlungen einzusteigen. Offensichtlich ist die Zahl der GmbHs mit einem negativen Geschäftsplan erheblich höher, als bisher bekannt war. Für entsprechende Mitteilungen aus dem Mitgliederkreis, die selbstverständlich vertraulich behandelt werden, sind wir dankbar.