Auch die Shell Deutschland Oil GmbH geht auf ihre Vertragstankstellen zu und legt diesen u.a. einen Vertragsnachtrag zur Kartenakzeptanz vor (Nachtrag Austausch Anlage 4). Hintergrund für dieses Vorgehen sind die neuen Regelungen zum so genannten Akquisitionsgeschäft. Gemeint ist damit die bisher von den Gesellschaften durchgeführte gemeinsame Abrechnung von Agenturgeld aus dem Kraftstoffgeschäft und den Geldern aus dem Eigengeschäft im Shop über Kredit- und Debitkarten. Die Betreiber haben bei dieser Vorgehensweise einfach täglich die mit Karten bezahlten Eigengeschäftsumsätze mit den Bareinnahmen aus dem Agenturgeschäft verrechnet und kamen damit sofort an ihr Geld. Nach dem neuen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) bzw. der PSD2 ist diese Handhabung nicht mehr zulässig. Kartentransaktionen für Dritte (in diesem Fall die Tankstellenbetreiber) sind nur noch zulässig, wenn das die Transaktionen abrechnende Unternehmen eine Erlaubnis der BaFin besitzt. Spätestens bis zum 30. Juni 2019 müssen die Tankstellengesellschaften eine ZAG-konforme Lösung umgesetzt haben.
Mit dieser Thematik haben wir uns ausführlich in unserem Bericht im Monatsdienst Januar 2019 beschäftigt, so dass wir an diese Stelle auf Wiederholungen verzichten. Die Shell Deutschland Oil GmbH hat sich jedenfalls für eine Lösung entschieden, die wahrscheinlich die meisten Gesellschaften wählen werden. Sie schaltet für die bargeldlosen Transaktionen einen zugelassenen Zahlungsdienstleister dazwischen, in diesem Fall die SIX Payment Services AG (SPS). SPS ist seit Ende 2018 eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Worldline. Worldline wiederum ist einer der größten Anbieter für Zahlungs- und Abwicklungsdienste. Neben dem Vertragsnachtrag mit Shell müssen die einzelnen Tankstellenbetreiber dann noch separate Vereinbarungen mit SPS abschließen.
Zu den einzelnen Verträgen:
Vorweg gesagt: Auch wenn Shell auf Alternativen zu dieser Vorgehensweise hinweist, sind diese für die Realität nicht brauchbar. Auch zu diesen „Alternativen” haben wir in unserem Bericht im Monatsdienst Januar 2019 bereits ausführlich Stellung bezogen. Weder der Verzicht auf bargeldlose Zahlungen im Eigengeschäft noch der Einsatz eines eigenen Zahlungsdienstleisters mit separatem Terminal für das Eigengeschäft lassen sich gegenüber den Kunden durchhalten. Das von Shell ausgearbeitete Konzept dürfte angesichts der neuen rechtlichen Bestimmungen tatsächlich die beste Lösung für die Shell-Stationen darstellen, zumal die Zeit bis zum 30. Juni langsam davonläuft.
„Nachtrag Austausch Anlage 4″
Mit diesem Nachtrag werden die Ziffern 11.2 und 11.3 des Vertriebsvertrags RBA, in denen bisher Kartenzahlungen und Gutscheine und jetzt Bargeldlose Zahlverfahren, Apps und Gutscheine geregelt werden, an die Zwischenschaltung eines Zahlungsdienstleisters angepasst und teilweise neu formuliert. Wirklich neu sind folgende Punkte:
– „Für die Unterhaltung der Infrastruktur zur Abwicklung der Kartentransaktionen im Auftrag des Partners hat Shell das Recht, eine angemessene Gebühr zu verlangen.” Kurzkommentar: Nicht schön, aber dass die Einschaltung eines Zahlungsdienstleisters Geld kostet, war vorher klar.
– „Shell hat das Recht, Kunden die Bezahlung der Agenturware und die Waren des Partnereigengeschäfts durch eine App zu ermöglichen.”
Neue „Anlage 4 zum Vertriebsvertrag RBA”
Hier sind folgende Punkte neu bzw. von neuer Bedeutung.
3.2: „Die von Partner an Shell zu zahlende Bearbeitungsgebühr für die Abwicklung der bargeldlosen Zahlungen im Eigengeschäft beträgt derzeit 10,- Euro monatlich (zzgl. Ust) pro Station und kann von Shell nach billigem Ermessen gem. § 315 BGB bei Änderung der Kostenstrukturen angepasst werden.”
Angesichts der in vielen anderen Bereichen gestiegenen Stationskosten (Strom, Personal usw.) hätte Shell auf diese 10 Euro auch verzichten können. Wir müssen allerdings zugeben: Wer einen eigenen Zahlungsdienstleister beauftragen möchte, dürfte sich noch ganz anderen Kosten gegenüber sehen. Vor allem könnte dieser nicht die Möglichkeit bieten, die geregelt ist in
3.3: „Soweit Partner den Zahlungsdienstleister anweist, sämtliche ihm zustehenden Beträge an Shell zu zahlen, wird Shell Partner die Beträge aus den bargeldlosen Zahlungen erstatten, wie in Ziffer 11.2 des Vertriebsvertrages RBA und nachfolgender Ziffer 3.6 geregelt.”
Hintergrund: Im mit SPS abzuschließenden Vertragsmodul „Vergütung an Shell Tankstellenpartner” sind zwei Varianten des Zahlungsflusses vorgesehen. In Variante a) zahlt SPS die Gelder aus Kartentransaktionen des Eigengeschäfts an Shell aus, in Variante b) an den Tankstellenhalter direkt. Obwohl sich Variante b) erst einmal besser anhört, ist damit doch ein entscheidender Nachteil verbunden, nämlich die Banklaufzeit. Variante a) hingegen sichert das, was die Shell in ihrer Mail mit „Alles bleibt, wie es ist – keine Änderung” meint: Die bargeldlosen Umsätze aus dem Eigengeschäft können weiterhin von den täglichen Bargeldeinzahlungen abgezogen werden. Die Liquidität bleibt unverändert.
4.: „Akzeptanz bargeldloser Zahlungstransaktionen über Bezahl-Apps (z.B. Shell SmartPay)”.
Im Grunde nichts weiter als die Ausdehnung bargeldloser Zahlungsmittel über die „Karten” hinaus.
Zu den SPS-Vereinbarungen:
Im Vertragsmodul „Vergütung an Shell Tankstellenpartner” ist der Vertragsgegenstand (Abwicklung des bargeldlosen Partnereigengeschäfts) geregelt. Zu den beiden Möglichkeiten der Zahlungsanweisung (Punkt 2.) haben wir uns oben bereits geäußert. Punkt 3. (Zahlungsfrequenz) ist nur relevant, wenn unter 2. die Variante b) gewählt wurde. Punkt 4. regelt die Übermittlung der Zahlungsanzeige. Als empfehlenswertere Variante erscheint uns der Zugang über das online Tool myPayments von SPS. E-Mails können schon einmal verloren gehen. Unschön ist, dass die Zahlungsanzeigen in einer Übergangsfrist bis November 2019 nur als Totalbetrag für alle Tankstellen eines Betreibers erstellt werden und nicht für jede einzelne Station. Punkt 5. regelt, dass SPS die Leistungen gegenüber dem Tankstellenbetreiber unentgeltlich übernimmt. Dafür erhebt Shell die Monatsgebühr.
Grundlage für dieses „Vertragsmodul” ist die „Rahmenvereinbarung für bargeldloses Zahlen (Shell)”. Hier sind die Stammdaten einzutragen. Hinweis: Bestimmt nicht alle Shell-Tankstellenbetreiber, unabhängig von ihrer Rechtsform, haben eine Ust-IdNr. An ihrer Stelle kann dann einfach die Umsatzsteuer-Nr. eingetragen werden. Shell hat ihrer Mail jeweils beispielhaft Ausfüllhilfen für den Vertrag eines Einzelunternehmers (Anlage 9) bzw. einer Kapitalgesellschaft (Anlage 10) beigefügt, ebenso eine Übersicht der beizubringenden Unterlagen zur notwendigen Identifikation / Verifizierung des Vertragspartners (Anlage 11). Wir können uns an dieser Stelle daher weitere Ausführungen sparen.
Vereinfacht wird das Vorgehen jedenfalls dadurch, dass SPS bei der Identifizierung nach Geldwäschegesetz auf eine Identifizierung über das Postidentverfahren offensichtlich verzichten kann, weil diese Daten von Shell als Rahmenvereinbarungspartner bereits erhoben worden sind. Ob diese Sichtweise von den Aufsichtsbehörden auch geteilt wird, können wir nicht beurteilen. Sie erleichtert jedenfalls erst einmal die Vertragsabschlüsse bis zum 30. Juni 2019.
Auffällig ist, dass die vorgenannten Verträge mit SPS keine Kündigungsmöglichkeiten enthalten. Diese finden sich in den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Zahlung an Shell Tankstellenpartner” unter Punkt 10. Wir widmen diesem Punkt eher weniger Aufmerksamkeit, weil durch die Verträge mit SPS den Tankstellenpartnern keine Kosten entstehen und sie ohnehin spätestens enden, wenn das Vertragsverhältnis mit Shell endet.
Fazit:
Der Notwendigkeit einer Vertragsanpassung durch das ZAG bzw. durch PSD2 kann sich keine Gesellschaft und kein Tankstellenbetreiber entziehen. Auch nach einer ausführlichen Besprechung mit der Shell sieht der Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG) derzeit keine wirtschaftlich bessere Lösung als die von Shell angebotene, so dass keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Unterzeichnung der Verträge bestehen.