Tritt ein Fehler am Fahrzeug auf, reklamieren Käufer eines Gebrauchtwagens häufig einen Sachmangel. Stellt sich später aber heraus, dass der Fehler keinen Sachmangel darstellt, stellt sich die Frage, wer für die oft zeit- und kostenaufwendigen Kosten der Fehlersuche und die für den Transport des Fahrzeugs in die Werkstatt des Verkäufers angefallenen Transportkosten aufzukommen hat. Mit diesen Fragen hat sich das Landgericht (LG, Az.: 1 S 20/21) Neubrandenburg im Rahmen einer Schadensersatzklage des Käufers befasst.
Aus den Entscheidungsgründen des LG Neubrandenburg ergibt sich folgendes:
1. Kosten für die Prüfung des Nacherfüllungsverlangens des Käufers bei einem unberechtigten Nacherfüllungsverlangen des Käufers
• Steht fest, dass das Fahrzeug keinen Sachmangel aufwies, kann der Verkäufer seine Kosten für die Prüfung des Nacherfüllungsverlangens des Käufers nur unter sehr engen Voraussetzungen ersetzt verlangen.
• Ein unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen des Käufers stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Vertragsverletzung dar, wenn der Käufer erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass kein Mangel vorliegt, sondern die Ursache für die von ihm beanstandete Erscheinung in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt. Daher wird vom Käufer verlangt, dass er vor Inanspruchnahme des Verkäufers im Rahmen seiner Möglichkeiten sorgfältig prüft, ob die in Betracht kommenden Ursachen für das Symptom in seiner eigenen Sphäre liegen und nicht dem Verantwortungsbereich des Verkäufers zuzuordnen sind. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, darf der Käufer Mängelrechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt. In diesem Falle gehen die Prüfungskosten zu Lasten des Verkäufers.
• Der Verkäufer muss Tatsachen darlegen, aus denen auf eine mögliche schuldhafte Pflichtverletzung des Käufers geschlossen werden kann.
2. Transport-/Abschleppkosten im Falle eines unberechtigten Nacherfüllungsverlangens des Käufers
• Liegt kein Sachmangel vor, hat der Käufer die Transportkosten zu tragen.
• Hat der Käufer den Verkäufer dazu aufgefordert, das Fahrzeug in dessen Werkstatt abzuschleppen, steht dem Verkäufer wegen der von ihm aufgewendeten Abschleppkosten ein bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch gegen den Käufer zu.
• Bis zur Erstattung der Abschleppkosten steht dem Verkäufer außerdem das Recht zu, die Herausgabe des abgeschleppten, auf seinem Hof befindlichen Fahrzeugs des Käufers zu verweigern.