Fehler schleichen sich leicht in Gebrauchtwageninserate ein. Bei Online-Inseraten ist dies jedoch besonders gefährlich. Gut, wenn der Verkäufer dies noch rechtzeitig vor Abschluss des Kaufvertrages bemerkt. Aber reicht es aus, fehlerhafte Angaben einfach zu löschen, um einer späteren Sachmangelhaftung zu entgehen? Mit dieser Frage hat sich das Oberlandesgericht (OLG, Az.: Az.: 9 U 12/21) in seinem Urteil befasst.
Sachverhalt:
Gegenstand des Rechtsstreits war ein Oldtimer, den der Verkäufer in seinem Inserat auf einer Internetplattform fälschlicherweise als „unfallfrei“ bezeichnet hatte. Daraufhin bekundete der spätere Käufer Interesse an dem Fahrzeug. Nachdem der Verkäufer seinen Fehler bemerkt hatte, löschte er die Angabe „unfallfrei“ aus dem Inserat. Später verkaufte er das Fahrzeug an den Käufer. Nachdem dieser festgestellt hatte, dass der Oldtimer nicht unfallfrei war, trat er vom Kaufvertrag zurück und begehrte die Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Entscheidung des Gerichts:
Zu Recht entschied das OLG Braunschweig, weil das Fahrzeug bei der Fahrzeugübergabe einen Sachmangel aufwies. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich folgendes:
1. Ein Sachmangel kann auch auf falschen öffentlichen Äußerungen beruhen, die vom Verkäufer, z.B. in der Werbung, abgegeben wurden. Kaufinteressenten dürfen sich nämlich grundsätzlich auf die Richtigkeit der Angaben in einer Werbeanzeige verlassen.
2. Bemerkt der Verkäufer noch vor Vertragsschluss, dass ihm in einer Internetanzeige ein Fehler unterlaufen ist, sollte er aktiv werden, um eine diesbezügliche Sachmangelhaftung noch zu verhindern. Um sicher zu sein, genügt es nicht, ein fälschlicherweise angepriesenes Merkmal im Kaufvertrag einfach nicht zu erwähnen.
3. Der Verkäufer haftet nicht für seine öffentliche Äußerung, wenn
• er sie spätestens bei Vertragsschluss in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt hat oder
• sie die Kaufentscheidung des Käufers nicht beeinflussen konnte.
4. Der Verkäufer trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines solchen Ausnahmetatbestandes.
5. Um eine Falschangabe in einer Internet-Anzeige in „gleichwertiger Weise“ zu berichtigen, bedarf es eines ausdrücklichen (mündlichen oder schriftlichen) Hinweises auf den vorherigen Irrtum.
Das bloße Löschen der Falschangabe genügt nicht, weil in diesem Falle für diejenigen, die zuvor die noch nicht korrigierte Fassung der Anzeige gesehen haben oder hätten sehen können, die Gefahr des Übersehenwerdens besteht.
6. Praxistipp:
• Der Hinweis könnte z.B. wie folgt beginnen: „Abweichend von den Angaben in der Internetanzeige auf …, … .“
• Ist der Käufer ein Verbraucher, muss der Hinweis sowohl Gegenstand der vorvertraglichen Information als auch des Kaufvertrages sein.
7. Die Tatsache, dass der Verkäufer die Falschangabe in der Internet-Anzeige noch vor Abschluss des Kaufvertrages gelöscht hat, lässt nicht den Schluss zu, dass der Käufer die Löschung auch bemerkt hat und seine Kaufentscheidung von der Falschangabe nicht beeinflusst wurde. Aus der Löschung an sich kann weder abgeleitet werden, dass sich der Käufer die korrigierte Anzeige noch einmal angesehen hat, noch, dass er eine solch unauffällige Änderung wahrgenommen hat.
8. Kann der Verkäufer beweisen, dass die Kaufentscheidung des Käufers nicht von der Falschangabe beeinflusst wurde, entfällt seine diesbezügliche Sachmangelhaftung, wenn die Falschangabe im Kaufvertrag nicht erwähnt wird.