Vor der Reform des Sachmangelhaftungsrechts im Jahr 2022 konnte ein Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn er dem Verkäufer zuvor eine angemessene Nacherfüllungsfrist gesetzt hatte, es sei denn, diese war nach den gesetzlichen Regelungen ausnahmsweise entbehrlich. Dieser Grundsatz gilt nicht mehr für Verbrauchsgüterkaufverträge, die nach dem 1. Januar 2022 abgeschlossen worden sind. Was aber gilt, wenn der Verbraucher dem Verkäufer dennoch eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat? Mit dieser Frage hat sich nunmehr das Landgericht Düsseldorf (LG, 9 O 167/22) in seinem – noch nicht rechtskräftigen – Urteil befasst.
Aus den Urteilsgründen ergibt sich folgendes:
1. Sofern die übrigen Rücktrittsvoraussetzungen vorliegen, kann ein Verbraucher wegen eines Mangels der Kaufsache auch ohne vorherige Nachfristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung trotz Ablaufs einer angemessenen Frist (im Sinne eines angemessenen Zeitraums) nicht vorgenommen hat. Diese Frist bzw. dieser Zeitraum beginnt ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem der Verbraucher den Verkäufer über den Mangel unterrichtet hat (§ 475d Abs. 1 BGB).
2. Hat der Verbraucher dem Verkäufer dennoch eine Nacherfüllungsfrist gesetzt, obwohl es ausgereicht hätte, wenn er lediglich den Ablauf eines angemessenen Zeitraums abgewartet hätte, gilt die dem Verkäufer aktiv gesetzte Frist. Sie beginnt nicht bereits mit der Mängelreklamation zu laufen, sondern erst ab dem Zeitpunkt, in dem sie aktiv gesetzt wurde.
3. Auch eine an sich nicht erforderliche Fristsetzung muss „angemessen“ sein. Eine zu kurz bemessene Frist ist nicht unwirksam, sondern setzt den Lauf einer angemessenen Frist in Gang.
4. Tritt der Verbraucher nach Ablauf der von ihm aktiv gesetzten, aber zu kurz bemessenen Frist vom Kaufvertrag zurück, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn er vor Ablauf der automatisch in Gang gesetzten angemessenen Frist erklärt wurde.
5. Ob eine Frist zur Nacherfüllung „angemessen“ ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Entscheidend ist, dass dem Verkäufer eine Nacherfüllung innerhalb der Frist realistisch möglich sein muss.
6. Bei einer Nachbesserung sind für die Bestimmung der Angemessenheit der Frist folgende Umstände zu berücksichtigen:
• die Art des zu beseitigenden Mangels,
• die Komplexität der Kaufsache,
• etwaige die Nachbesserung erschwerende Umstände sowie
• das Leistungsinteresse des Käufers
7. In Fällen, in denen ein Austauschmotor beschafft und in ein Fahrzeug eingebaut werden muss, ist eine Frist von wenigen Tagen insbesondere dann unangemessen kurz, wenn der Verkäufer keine eigene Werkstatt unterhält. In einem solchen Fall ist eine Frist von mindestens zwei Wochen angemessen.