Der Bundesgerichtshof (BGH, Az.: VIII ZR 240/24) hat in seinem Urteil entschieden, welche rechtliche Bedeutung der Angabe einer Zustandsnote beim Verkauf eines Oldtimers zukommt. Zwar war Gegenstand des Verfahrens ein Privatkauf, die Ausführungen des BGH hierzu sind jedoch für alle Arten von Kaufverträgen maßgeblich.
Sachverhalt
Gegenstand des im Jahr 2020 abgeschlossenen Kaufvertrags war ein MG Typ B Roadster, Baujahr 1973, der über eine H-Zulassung verfügt. Der private Verkäufer hatte das Fahrzeug auf einer Onlineplattform unter Angabe der Zustandsnote „2-3“ zum Verkauf angeboten. Außerdem hatte er auf seine zwölfjährige Besitzzeit, den technisch einwandfreien Zustand des Fahrzeugs und die fortlaufend durchgeführten Erhaltungs- und Restaurierungsmaßnahmen hingewiesen. Bei Vertragsschluss wurden dem Käufer zwei Gutachten bezüglich des Fahrzeugs vorgelegt. Das Gutachten aus dem Jahr 2011 wies für das Fahrzeug eine Zustandsnote von „2,0″ aus, das Gutachten aus dem Jahr 2017 eine solche von „3-„. Die Parteien schlossen den Kaufvertrag – wie beim Privatverkauf üblich – unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Von diesem Haftungsausschluss sollten nur Beschaffenheitsvereinbarungen ausgenommen sein. Im Kaufvertrag hieß es ferner: „Der Käufer erklärt Folgendes verbindlich zum Zustand des Fahrzeugs: – siehe Gutachten – Note 2-3“. Als der Käufer das ihm übergebene Fahrzeug später beim TÜV zur Hauptuntersuchung vorstellte, lehnte dieser die Erteilung einer Prüfplakette wegen erheblicher Mängel ab; u.a. wegen einer an verschiedenen Stellen korrosionsgeschwächten Bodengruppe, mehrfach durchgerosteten Schwellern und durchgerosteten Radhäusern hinten. Nach erfolgloser Aufforderung zur Mängelbeseitigung erklärte der Käufer seinen Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte dessen Rückabwicklung.
Entscheidung des BGH
Der BGH hat entschieden, dass die Vertragsparteien vorliegend eine Beschaffenheitsvereinbarung über einen bestimmten Erhaltungszustand des Oldtimers nach den üblichen Bewertungskriterien getroffen haben, für den der Verkäufer auch die Gewähr übernehmen wollte. Daher konnte sich der Verkäufer insofern nicht mit Erfolg auf den – ansonsten unter Privatleuten zulässigerweise – vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich folgendes:
• Ob im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, ist eine Frage der – nach beiden Seiten hin interessengerechten – Vertragsauslegung.
• Beim Oldtimerverkauf ist bei dieser Auslegung die erhebliche rechtliche und praktische Bedeutung von Zustandsnoten zu berücksichtigen. Die Verwendung von Zustandsnoten für die Einstufung des Erhaltungszustands von Oldtimern in einem mehrstufigen Bewertungsmodell ist allgemein gebräuchlich und branchenüblich. Diese allgemein bekannten und anerkannten Zustandsnoten geben konkret Auskunft über den Erhaltungszustand eines Oldtimers. Sie haben maßgeblichen Einfluss auf den Wert und damit auch auf den Kaufpreis des Fahrzeugs.
Beim Oldtimerverkauf kommt der Angabe einer Zustandsnote durch den Verkäufer aus objektiver Sicht eines Käufers grundsätzlich die Aussage zu, dass sich das Fahrzeug in einem dieser Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustand befindet und der Verkäufer für das Vorliegen dieses Zustands die Gewähr übernehmen will. Es ist deshalb regelmäßig – auch im Fall des Verkaufs eines Oldtimers durch einen privaten Verkäufer – von einer Beschaffenheitsvereinbarung auszugehen, wenn in den Vertragsunterlagen im Zusammenhang mit der Beschreibung des Erhaltungszustands des Oldtimers eine Zustandsnote angegeben ist, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände gegen die verbindliche Vereinbarung eines der Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustands sprechen.
• Besondere Umstände, die gegen eine verbindliche Vereinbarung eines der Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustands sprechen, liegen vor, wenn die im Kaufvertrag enthaltene Bezugnahme auf Gutachten im Zusammenhang mit der Angabe der Zustandsnote aus objektiver Sicht eines Käufers als reine Mitteilung fremden Wissens zu verstehen ist. Die Angabe „siehe Gutachten“ genügt hierfür nicht. Vielmehr sind die Gesamtumstände bei der Auslegung zu berücksichtigen.
• Sofern der Verkäufer einen gegenüber dem (zuletzt erstellten) Gutachten verbesserten Zustand zugesagt hat, ist die Bezugnahme auf Gutachten im Zusammenhang mit der Angabe der Zustandsnote im Kaufvertrag nicht als reine Mitteilung fremden Wissens zu verstehen, für das der Verkäufer nicht einstehen will. Aus Käufersicht kann dies vielmehr nur so verstanden werden, dass der Verkäufer einen gegenüber dem (letzten) Gutachten verbesserten Zustand zusagen wollte. Das gilt insbesondere dann, wenn Gutachten lange Zeit vor dem Verkauf erstellt worden sind und Angaben in der für die Auslegung ebenfalls heranzuziehenden Verkaufsanzeige dieses Auslegungsergebnis stützen.
Fazit:
Wer einen Oldtimer zwar unter Angabe einer allgemein anerkannten, branchenüblichen Zustandsnote verkaufen, aber nicht die Gewähr für den angegebenen Erhaltungszustand des Oldtimers übernehmen möchte, muss dies im Verkaufsangebot und später im Kaufvertrag – gegenüber Verbrauchern zudem auch in der vorvertraglichen Information – klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Allein die Angabe „siehe Gutachten“ o.ä. genügt hierfür nicht.