Unsere bisherigen Informationen zu Prepaid-Karten betrafen vor allem die verschiedenen Betrugsmaschen, die sich rund um die E-Loading-Produkte entwickelt haben. In der letzten Zeit jedoch erreichten den Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG) vermehrt Anfragen zu anderen Themen rund um Prepaid-Karten, insbesondere um die damit verbundenen Verpflichtungen nach dem Geldwäschegesetz.
Der Gesetzgeber und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nehmen seit einigen Jahren verstärkt Prepaid-Produkte ins Visier. Prepaid-Produkte können unter bestimmten Voraussetzungen sog. Elektronisches Geld (E-Geld) sein.
Was ist E-Geld?
Die gesetzliche Definition nach § 1 Abs. 2 S. 3 Zahlungsdienstaufsichtsgesetz (ZAG) lässt sich wie folgt übersetzen:
Es muss ein Wert (z. B. das Recht, für einen bestimmten Geldbetrag einzukaufen) ausgegeben werden, der elektronisch gespeichert ist. Es ist unerheblich, wo der Wert elektronisch gespeichert ist. Die Speicherung kann auf dem Medium selbst erfolgen, das einem Kunden in die Hand gegeben wird (z. B. eine Chipkarte) oder zentral auf einem Computer (z. B. auf dem Server des Herausgebers). Daher sind Papiergutscheine, bei denen der Wert nur auf einem Stück Papier „gespeichert“ ist und nicht (zusätzlich) elektronisch, kein E-Geld.
Der Wert muss gegen Zahlung eines Geldbetrages (gleichgültig, ob bar oder unbar) ausgestellt sein. Geschenkgutscheine, die ein Händler an seine Kunden gratis ausgibt (z. B. aus Kulanz im Nachgang zu einer Kundenreklamation) sind kein E-Geld. Der Wert muss zumindest bei einer anderen Person (= anderes Rechtssubjekt) als dem Aussteller zur Zahlung verwendet werden können. Gutscheinkarten, die z.B. von einem bestimmten Warenhaus ausgegeben werden und mit denen ausschließlich in diesem Warenhaus eingekauft werden kann, sind daher kein E-Geld.
Geläufige E-Geld Produkte sind z.B. die GeldKarte, die paysafecard sowie sämtliche prepaid Kreditkarten.
Treffen auch Tankstellen erhöhte Sorgfaltspflichten?
Wer E-Geld herausgeben möchte, benötigt in Deutschland eine Erlaubnis der BaFin. Darüber hinaus gelten in Deutschland für die Ausgabe und den Vertrieb von E-Geld strenge Anforderungen. Werden z.B. in einer Tankstelle E-Geld-Produkte verkauft, so gibt der Tankstellenbetreiber selbst kein E-Geld aus. Der Tankstellenbetreiber ist jedoch durch den Verkauf am Vertrieb von E-Geld beteiligt und somit regelmäßig als E-Geld-Agent (§ 1 Abs. 10 ZAG) für das E-Geld-Institut tätig. Also werden auch Tankstellen in die Pflicht genommen!
Welche Pflichten gelten im Zusammenhang mit E-Geld?
a) Identifizierung des Kunden
Sämtliche Vertriebsstellen, wie auch Tankstellen, sind dazu verpflichtet, Kunden die E-Geld-Produkte (Prepaid-Karten) erwerben möchten, zu identifizieren, es sei denn, dass die Käufe dieser Kunden innerhalb eines Monats die Summe von 150,- Euro nicht überschreiten. Mehrere Kaufvorgänge müssen dabei zusammengerechnet werden, wenn für die Vertriebsstelle offenkundig ist, dass zwischen ihnen eine Verbindung besteht.
Die Identifizierung hat wie folgt zu erfolgen:
• Der Kunde muss einen gültigen Reisepass oder Personalausweis vorzeigen. Prüfen Sie, ob der Reisepass oder Personalausweis dem Kunden gehört, indem Sie das Foto mit dem Kunden vergleichen.
• Folgende Daten des Kunden müssen erfasst werden:
– Vollständiger Name,
– Wohnanschrift,
– Geburtsdatum, Geburtsort,
– Staatsangehörigkeit sowie
– Seriennummer des E-Geld-Produkts und Kaufdatum.
• Zur Datenerfassung ist es sinnvoll, an der Kasse ein entsprechendes Buch liegen zu haben, in dem die Aufzeichnungen vorgenommen werden können. Eine „Zettelwirtschaft“ geht im Zweifel verloren.
• Dokumentieren Sie die Identifizierung, indem Sie den Angaben, die Sie erhoben haben, eine Kopie oder einen Scan des Reisepasses bzw. Personalausweises beifügen.
Anmerkung: Wenn Sie vor Ort keine Kopie machen können, reicht auch ein Foto. Wenn dies auch nicht möglich ist, sprechen Sie den Lieferanten an, denn dieser muss nach Auskunft der BaFin den Vertrieb überwachen und trägt die Verantwortung.
• Wenn ein Kunde, den Sie schon einmal identifiziert haben und bei dem sich nichts Wesentliches geändert hat, noch einmal E-Geld kauft, reicht es aus, wenn Sie auf Ihren Aufzeichnungen den Namen des Kunden, die Seriennummer des E-Geld-Produkts und das Kaufdatum notieren.
• Heben Sie alle Aufzeichnungen und Kopien für fünf Jahre auf. Wichtig: Diese Frist beginnt erst am Ende des Kalenderjahres, in dem Sie dem Kunden zum letzten Mal E-Geld verkauft haben. Beispiel: der Kunde kauft am 25.08.2020 zum letzten Mal E-Geld ➜ Aufzeichnungen und Kopien müssen bis zum 31.12.2025 aufbewahrt werden. Denken Sie daran: Entsprechende Verkäufe können von den zuständigen Aufsichtsbehörden ohne große Probleme bei der Kontrolle des elektronischen Kassenjournals gefunden werden.
• Wenn sich ein Kunde weigert, seinen Reisepass oder Personalausweis vorzuzeigen, dürfen Sie ihm das gewünschte E-Geld-Produkt nicht verkaufen.
b) Meldung bei einem Verdacht von Geldwäsche
Geldwäscheverdachtsfälle sind unverzüglich in der gesetzlich vorgegebenen Form an die zuständige Behörde (Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, FIU) zu melden.
Die „Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU)“ hat der Gesetzgeber eingerichtet, um schneller und gezielter gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgehen zu können. Hier werden Verdachtsfälle zur Geldwäsche gemeldet. Tankstellen, die E-Geld Produkte (insbesondere Paysafecard) vertreiben, sind nach dem Geldwäschegesetz „Verpflichteter”. Nach dem Geldwäschegesetz Verpflichtete müssen spätestens seit dem 01.01.2024 über ein goaml-Postfach zur Meldung von Geldwäscheverdachtsfällen bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) verfügen.
Achtung: Für E-Geld-Agenten gilt die Registrierpflicht unabhängig davon, ob diese eine GmbH oder Einzelunternehmen sind. Die Nichtregistrierung kann zur Folge haben, dass eine Ordnungswidrigkeit besteht, die mit einem Bußgeld geahndet wird. Aktuell ist die Bußgeldbewährung bis 1.01.2025 ausgesetzt.
Wir empfehlen daher, diese Anforderung zeitnah für Ihr Unternehmen zu prüfen und bei Bedarf ein entsprechendes Postfach bei der FIU einzurichten bzw. sich einmalig zu registrieren.
Weitere Informationen hierzu finden Sie unter: https://www.zoll.de/DE/FIU/fiu_node.html
Die Registrierung können Sie vornehmen unter: https://goaml.fiu.bund.de/Home
Fazit:
1. Prüfen Sie für sich, ob sich der bürokratische Aufwand für Sie lohnt bzw. finden Sie für sich einen Weg, den Aufwand gering zu halten. Aufgrund der umfangreichen Identifizierungs- und Dokumentationspflichten verkaufen viele Mitglieder bereits jetzt Prepaid-Karten nur bis zu einem Wert von 150,- Euro und haben auch ihre Mitarbeiter schriftlich zur Einhaltung dieser Grenze verpflichtet. Damit ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass Kunden im gleichen Monat nochmals Prepaid-Karten bei der gleichen Tankstelle einkaufen und somit eigentlich die Identifizierungspflicht ausgelöst würde. § 25 i KWG regelt jedoch auch, dass der Schwellenwert von 150,- Euro durch mehrere Verkäufe nur dann überschritten wird, „sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass zwischen ihnen eine Verbindung besteht.“ Wenn ein Kunde bei unterschiedlichen Kassenkräften Prepaid-Karten im Wert von jeweils nicht mehr als 150,- Euro innerhalb eines Monats erwirbt, liegen nach unserer festen Überzeugung keiner dieser Kassenkräfte derartige Anhaltspunkte vor. Sie wissen schlicht nichts über die anderen Kaufvorgänge.
2. Unabhängig von obigen Überlegungen sollten Sie Ihre Mitarbeiter über die gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere die Pflicht zur Identifizierung der Käufer von z.B. paysafe-Karten belehren und dies dokumentieren. Eine entsprechende Belehrung kann heruntergeladen werden unter www.kfz-bw.de/monatsdienst.