Im Rahmen einer Unfallschadenregulierung hat der Bundesgerichtshof (BGH, Az.: VI ZR 324/21) entschieden, dass der Geschädigte, der berechtigterweise ein Schadensgutachten bei einem Kfz- Sachverständigen in Auftrag gegeben hat, von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners / Schädigers die Freistellung von den ihm gegenüber dem Sachverständigen entstandenen Verbindlichkeiten verlangen kann. Dies gilt allerdings nur, soweit der Vergütungsanspruch des Sachverständigen auch für den Geschädigten erkennbar nicht überhöht war. Ob und in welchem Umfang hiervon auch die Desinfektionskosten betroffen sind, hängt von der zwischen dem Kfz-Sachverständigen und dem Geschädigten getroffenen werkvertraglichen Vereinbarung ab.
Das Urteil des Bundesgerichtshofes ist zwar zum Unfallschadensrecht ergangen, lässt aber auch Rückschlüsse für die Zulässigkeit der Erhebung von Desinfektionskosten im Rahmen des Werkstattgeschäfts zu.
Für das Werkstattgeschäft lässt sich aus den Entscheidungsgründen folgendes ableiten:
1. Kosten der Arbeitssicherung werden üblicherweise in die Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes „eingepreist“. Hierüber bedarf es keiner ausdrücklichen Vereinbarung mit dem Kunden. Sie werden dennoch Vertragsgegenstand.
2. In der Zeit, in der Deutschland von der Corona-Pandemie betroffen war, stellten Desinfektionskosten „Kosten der Arbeitssicherung“ dar, die dem Grunde nach vom Auftraggeber / Kunden zu tragen waren. Kfz-Werkstätten durften diese Kosten / Desinfektionspauschalen – z.B. aus Transparenzgründen – auch gesondert ausweisen.
3. Für die Höhe der zu erstattenden Desinfektionskosten kommt es auf die mit dem Kunden getroffenen Vereinbarungen im Werkstattauftrag an. Haben die Parteien keine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung getroffen, ist die übliche Vergütung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als vereinbart anzusehen. Da Desinfektionskosten von sehr vielen Kfz-Werkstätten berechnet wurden, dürfte die Ermittlung der „üblichen Vergütung“ leicht festzustellen sein. Ist dies nicht der Fall, ist eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen. Führt auch diese nicht zum Erfolg, dann durfte die Kfz-Werkstatt die Höhe der Desinfektionskosten einseitig, in den Grenzen der Billigkeit bestimmen.
4. Spätestens seit die Corona-Pandemie offiziell für beendet erklärt worden ist, sind Desinfektionsmaßnahmen nicht mehr „erforderlich“ und damit ohne gesonderte Vereinbarung mit dem Kunden auch nicht mehr vom Kunden zu tragen.