Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung wird stufenweise, vor allem ab dem 18. November 2023 in Kraft treten. Es soll ein Drei-Säulen-System gelten: Zukünftig kann eine Fachkraft jede qualifizierte Beschäftigung ausüben und die Hürden für Fachkräfte werden weiter gesenkt (erste Säule). Einreise und Aufenthalt zu einer qualifizierten Beschäftigung ohne einen in Deutschland formal anerkannten Abschluss wird für alle Berufsgruppen, unter der Voraussetzung einer einschlägigen Berufserfahrung von zwei Jahren, geöffnet (zweite Säule). Die Chancenkarte ermöglicht unter abgesenkten Sprachanforderungen auch den Zugang von Arbeitskräften zur Suche nach einem Arbeitsplatz (dritte Säule).
Im Einzelnen werden im Aufenthaltsgesetz, der Aufenthaltsverordnung und an der Beschäftigungsverordnung folgende wesentliche Änderungen vorgenommen:
• Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens durch Ermessenseinschränkung durch „Soll“ statt „Kann“-Vorschriften bei Erwerbs- und Bildungsmigration (§§ 18a, 18b, 16a AufenthG).
• Vereinfachung der Erweiterung der Staatenliste für erleichterte Arbeitsmigration nach § 26 BeschV (z.B. sog. Westbalkanregelung).
• Absenkung der Einkommensgrenzen und Erleichterungen bei der sog. „Blauen Karte EU“ und der ICT Karte (§§ 29, 36 AufenthG)
• Vereinfachung der sog. Chancenkarte (§§ 20a, 20b AufenthG).
• Verlängerung der Aufenthaltstitel zu Arbeitsplatzsuche, Ausbildung, Forschung und Anerkennung auf 18 Monate (§ 20 AufenthG) und Anhebung der Altersgrenze zur Ausbildungsplatzsuche von 25 auf 35 Jahre (§ 17 AufenthG).
• Erleichterte Anerkennungspartnerschaft bei Tarifbindung des Arbeitgebers (§ 16d Abs. 3a AufenthG).
• Erleichterungen des Familiennachzugs, insbesondere für Eltern und Schwiegereltern (§§ 36 Abs. 3, 29 Abs. 1 S. 2, 52 Abs. 2b, 81 Abs. 6 AufenthG, §§ 30a, 31 Abs. 1 S. 4, 39 S. 1 Nr. 7a AufenthV)
• Ausweitung des Beschäftigungszeitraums bei kurzfristig kontingentierter Beschäftigung von sechs auf acht Monate innerhalb von zwölf Monaten (§ 15d BeschV).
• Erleichterungen für Berufskraftfahrer durch Wegfall der Prüfungen von Berufsausübungsvoraussetzungen und Sprachkenntnissen (§ 24a Abs. 1 BeschV)
• Teilweiser Wegfall von Fällen der Zustimmung durch die Ausländerbehörde bei Visumserteilung und Verkürzung der Schweigefrist der Ausländerbehörde auf zehn Tage (§ 31 BeschV).
• Spurwechsel aus dem Asylverfahren (§ 10 Abs. 3 AufenthG). Fachkräfte, die noch im Asylverfahren oder im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG sind, können in eine Aufenthaltserlaubnis wechseln, wenn sie sich bereits zum Stichtag 29. März 2023 in Deutschland befunden haben.
• Umwandlung der Ausbildungsduldung in eine Aufenthaltserlaubnis (§ 16g AufenthG).
Bewertung:
Gesetz und Verordnungen bringen wichtige Erleichterungen im Verfahren. Sie lösen jedoch das Grundproblem der zu geringen personellen Ausstattung von Ausländerbehörden und Visastellen nicht. Eine größere Fokussierung der Behördenstruktur auf die Arbeitsmigration, etwa durch zentrale und spezialisierte Stellen, wäre zudem wünschenswert. Außerdem wäre es nötig gewesen, die Möglichkeiten zur Digitalisierung des Verfahrens sowie eines erleichterten Einsatzes der englischen Sprache bei Dokumenten zu nutzen. Somit bleibt bei der Fachkräfteeinwanderung trotz eines weiteren Schrittes kontinuierlicher Verbesserungsbedarf.